Lexikon der Fernerkundung

Satellitenfernerkundung (SFE)

Fernerkundung der Erdoberfläche oder der Erdatmosphäre mit Hilfe von Sensoren, die sich an Bord von Raumfahrzeugen, d.h. Satelliten, Space Shuttle oder Raumstationen befinden, d.h. typischerweise aus ca. 200 km bis 36.000 km Entfernung. Die Daten und Bilder werden dann meist durch Telemetrie mittels Funkübertragung an eine Bodenstation gesendet.

In den letzten fünf Jahrzehnten hat sich die Satellitenfernerkundung zu einem der effizientesten Instrumente für die Überwachung der Erde auf lokaler, regionaler und globaler Ebene entwickelt. Diese weltraumgestützten Beobachtungen sind zerstörungsfrei und ermöglichen eine schnelle Überwachung der umgebenden Atmosphäre, der darunter liegenden Oberfläche und der Mischschicht der Ozeane. Außerdem können Satelliteninstrumente toxische oder gefährliche Umgebungen beobachten, ohne Menschen oder Geräte zu gefährden. Groß angelegte kontinuierliche Satellitenbeobachtungen ergänzen detaillierte (aber spärliche) Feldbeobachtungen und liefern Messungen von unübertroffenem Umfang und Inhalt für die theoretische Modellierung und Datenassimilation.

Die ersten Satelliten zur Erderkundung waren im militärischen Auftrag unterwegs, bei den Amerikanern zunächst KH 1 (Kürzel für 'key hole', Schlüsselloch) im Jahr 1960 im Rahmen des CORONA-Programms. Die russische wie die amerikanische Seite schickten seitdem hunderte von Spionagesatelliten in den Orbit.

Als erste zivile Missionen gelten 1968 von der NASA in den Orbit gebrachte Wettersatelliten. Seitdem ist eine Vielzahl unterschiedlichster Satelliten und Sensorsysteme im Einsatz.

Die Landoberfläche der Erde ist Lebensraum von derzeit 7,5 Milliarden Menschen. Sie ist ständigen Veränderungen unterworfen, wobei die menschliche Nutzung den dynamischsten Faktor darstellt. Die nachhaltige Nutzung der Ressource Landoberfläche ist von zentraler Bedeutung für unsere Zukunft und erfordert detaillierte Kenntnisse über Zustand und Veränderungen des menschlichen Lebensraums. Die Satellitenfernerkundung bietet die Möglichkeit, Veränderungen der Erdoberfläche kontinuierlich und global zu erfassen und besitzt dadurch ein enormes wissenschaftliches und ökonomisches Potenzial.

Aufgaben und Nutzen

Die Fernerkundung der Ozeanoberflächen dient der Überwachung der Dynamik der Küstenlinien, der Temperatur und des Salzgehalts der Meeresoberfläche, des Ökosystems und der Kohlenstoffbiomasse der Ozeane, der Veränderung des Meeresspiegels, des Seeverkehrs und der Fischerei, der Kartierung der Wasserströmungen und der darunter liegenden Topographie in flachen Gewässern usw.

Die satellitengestützte Fernerkundung der Landflächen leistet einen wichtigen Beitrag zur Erkundung von Bodenschätzen, zur Überwachung von Überschwemmungen und Dürren, der Bodenfeuchtigkeit, Vegetation, Entwaldung, Waldbrände, Überwachung der Landwirtschaft, Stadtplanung usw.

Schließlich profitieren sozialwissenschaftliche Bemühungen zur Untersuchung globaler Krisen (wie der COVID-19-Pandemie) von Satellitenfernerkundungsdatensätzen, die verschiedene zielgerichtete Visualisierungen nutzen, um menschliche Umgebungen zu klassifizieren, und diese Beobachtungen dann mit verschiedenen sozioökonomischen Datensätzen usw. in Beziehung setzen.

Darüber hinaus ist die Satellitenfernerkundung ein wirksames Instrument zur Erfassung globaler Informationen wie

Die Fernerkundung der Erde bringt auch den technologischen Stand der Technik voran, was die Entwicklung von Fernerkundungsmissionen im Weltraum wie Voyager und die Cassini-Huygens-Weltraumforschungsmission unterstützt.

Systeme zur Erdbeobachtung

Die zahlreichen zur Verfügung stehenden Systeme zur Erdbeobachtung aus dem All erlauben z. B. Anwendungen in den Bereichen Atmosphärenforschung, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Geowissenschaften, Naturgefahren und urbane Räume. Je nach Anwendungsgebiet werden Daten von unterschiedlichen Satellitensystemen genutzt, wobei die optischen Systeme und die Radarsysteme (SAR) die beiden Haupttechnologien der satellitengestützten Erdbeobachtung darstellen. Mit den optischen Multispektralsatelliten des Copernicus-Programms von EU / ESA und des Landsat-Programms von USGS / NASA stehen für die verschiedenen Anwendungsgebiete leistungsfähige Satellitensysteme zur Verfügung, deren Daten weltweit kostenfrei genutzt werden können. In Kombination mit einer Vielzahl weiterer Satellitensysteme ermöglichen sie eine kontinuierliche Erdbeobachtung in unterschiedlichen Maßstäben innerhalb der atmosphärischen Fenster. In diesen Fenstern wird die elektromagnetische Strahlung der Sonne durch die Atmosphäre kaum beeinflusst und kann daher für die optische Auswertung von Fernerkundungsdaten genutzt werden.

Am Anfang jeder fernerkundlichen Fragestellung steht die Auswahl von geeigneten Satellitendaten. Dabei ergeben sich unterschiedliche Optionen sowohl aus der räumlichen und zeitlichen Auflösung der Systeme als auch aus den abbildbaren Eigenschaften der Erdoberfläche, wobei letztere durch das jeweils zum Einsatz kommende fernerkundliche Messprinzip bestimmt werden. In der Regel stellt diese Auswahl einen Kompromiss zwischen räumlicher Auflösung (wenige Zentimeter bis mehrere Kilometer) und damit verbundener zeitlicher Wiederholrate (mehrmals täglich bis monatlich) dar.

Im Bereich der optischen Fernerkundung verfügen räumlich sehr hoch auflösende Systeme (< 2 m) nur über wenige (< 10) spektral breite Kanäle (z. B. Quickbird, WorldView-2). Räumlich schlechter auflösende Systeme (> 10 m) besitzen hingegen deutlich mehr (> 10 bis rund 250) spektral höher auflösende Kanäle (z. B. Sentinel-2, EnMAP). Die Abbildung unten verdeutlicht die Lage der Spektralkanäle wichtiger Aufnahmesysteme. Die zeitliche Auflösung der Systeme kann durch den Einsatz mehrerer baugleicher Satelliten erhöht werden. Beispiele dafür sind die Sentinel-1/2-Systeme mit jeweils zwei Satelliten (A/B), RapidEye mit fünf Satelliten und im Bereich der CubeSats die Planet-Konstellation mit mehr als einhundert Kleinsatelliten.

Neben den optischen Satelliten können auch Satelliten mit Radarsystemen, die mit Wellenlängen im Zentimeterbereich arbeiten (Abb. unten), auf eine 40-jährige Entwicklungsgeschichte zurückblicken. Sie begann 1978 mit Seasat zur Überwachung der Meere. Die Tandemkonstellation der ESA-Satelliten ERS-1 und ERS-2 ermöglichte erstmals die Aufnahme interferometrischer Daten und damit die Erfassung von Bewegungen (Hebungen und Senkungen) der Erdoberfläche im Zentimeterbereich. Eine Fortsetzung fand dieses System u. a. in den deutschen TerraSAR-X- und TanDEM-X-Missionen, wobei letztere die Datengrundlage zur Erzeugung eines hochgenauen weltweiten 3D-Modells der Erdoberfläche geschaffen hat.

Spektralsignatur Spektralsignaturen

Spektralsignatur von Boden, Vegetation und Wasser in hyperspektraler (Linie) und multispektraler (Balken) Auflösung in Bezug auf die Lage und spektrale Auflösung optischer (Sentinel-2, Landsat 8 und EnMAP) und SAR-Systeme (Sentinel-1 und TerraSAR-X).

VIS – sichtbares Licht, NIR – nahes Infrarot, SWIR – kurzwelliges Infrarot, MIR – mittleres Infrarot, TIR – thermales Infrarot

Quelle: GFZ

Mit dem Copernicus-Programm der EU hat eine neue Ära in der satellitengestützten Erdbeobachtung begonnen. Das Programm wurde 1998 gemeinsam von der Europäischen Kommission und der ESA mit dem Ziel konzipiert, eine kostenfrei zugängliche und leistungsfähige Infrastruktur für die Erdbeobachtung zu schaffen. Das Programm umfasst eine Vielzahl von Satellitensystemen (Sentinel-Missionen) mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die alle auf eine hohe zeitliche Wiederholrate ausgerichtet sind. Copernicus hat neben der Bereitstellung von Satellitendaten für umwelt- und sicherheitsrelevante Fragestellungen auch die Verknüpfung dieser Informationen mit anderen Erdbeobachtungen im Rahmen der Copernicus-Dienste zum Ziel, z. B. für die Überwachung der Atmosphäre, der Landoberfläche und der Meeresumwelt, zur Unterstützung des Katastrophen- und Krisenmanagements sowie für Sicherheitsanwendungen. Diese Dienste sollen in Zukunft die Behörden der EU-Mitgliedsstaaten maßgeblich in ihren Monitoring- und Planungsaufgaben sowie darauf aufbauenden Entscheidungsfindungen unterstützen. (GFZ)

Sieben Elemente bildgebender Satellitenfernerkundung Sieben Elemente bildgebender Satellitenfernerkundung

Viele Fernerkundungsverfahren bedingen eine Interaktion zwischen einfallender Strahlung und den beobachteten Objekten. Dies kann am Beispiel eines bildgebenden FE-Systems aufgezeigt werden, bei dem die unten angeführten 7 Elemente einbezogen sind. Es bleibt zu beachten, dass FE auch das Aufspüren von emittierter Energie umfasst und auch den Einsatz von nicht bildgebenden Sensoren.

  • Energiequelle oder Beleuchtung (A)
  • Interaktion der Strahlung mit der Atmosphäre (B)
  • Interaktion mit dem Objekt (C)
  • Messung der Energie durch den Sensor (D)
  • Übertragung, Empfang und Verarbeitung der Signale (E)
  • Interpretation und Analyse (F)
  • Anwendung (G)
Quelle: Natural Resources Canada

Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Start des ersten Satelliten hat sich die Fernerkundung des Planeten Erde vom Weltraum aus zu einem hochentwickelten Hilfsmittel entwickelt, das die Grundlagenforschung vorantreibt und die für die Menschheit lebenswichtigen täglichen Aktivitäten unterstützt. Es wurde eine große Anzahl von Satelliteninstrumenten entwickelt und gestartet, die eine riesige Menge an Daten für die unterschiedlichsten Anforderungen geliefert haben.

Die Anzahl der Satelliteninstrumente sowie die Qualität und der Umfang der von den Satelliten gesammelten Informationen werden ständig verbessert. Gleichzeitig zeigen die gesammelten Erfahrungen der Satelliten-Fernerkundungsgemeinschaft die Herausforderungen, die für die künftige Entwicklung zu bewältigen sind. (Dubovik, Oleg et al. 2021)

Vorteile von Satellitenfernerkundung:

Nachteile der Satellitenfernerkundung gegenüber in situ-Verfahren:

Weitere Informationen:


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