Lexikon der Fernerkundung

Meteorologie und Fernerkundung

In Meteorologie und Klimatologie nehmen Methoden der Fernerkundung eine herausragende Stellung ein. Das Ausmaß an Operationalisierung und Automatisierung in der Auswertung von Fernerkundungsdaten in diesen Feldern ist von keiner anderen Disziplin erreicht.

Wettersysteme sind großräumige Erscheinungen. Aus diesem Grund ist das Weltall ideal für ihre Beobachtung. Aus großer Höhe über der Erde liefern Wettersatelliten Bilder und andere Messdaten, die relevante Informationen über das aktuelle Wettergeschehen und Daten für die Wettervorhersage liefern. Mit ihrem Fokus auf den dynamischen Veränderungen der Atmosphäre und auf den kurzfristigen Veränderungen von Wolken und Niederschlag, Wasserdampf, Temperatur und auch von Spurengasen und Ozon komplettieren Weltraum-basierte Fernerkundungsverfahren zusammen mit Boden- und Flugzeug-gebundenen Verfahren in idealer Weise die konventionellen in situ-Messungen der Wetterbeobachtung. Fernerkundungsverfahren zeichnen sich durch eine hohe zeitliche Verfügbarkeit und gute räumliche Auflösung aus. Fast alle aus Fernerkundungsdaten abgeleiteten meteorologischen Größen basieren auf indirekten Messverfahren. Beispielsweise werden Wasserdampfprofile aus GPS-Daten oder Niederschlag aus Radardaten abgeleitet. Daher sind sie zumindest teilweise ohne Kalibrierung mit den direkten Verfahren nicht befriedigend verwendbar.

Satelliten-basierte Wetterbeobachtung

Das Potential von Satelliten zur direkten und indirekten Wetterbeobachtung ist beachtlich und umfasst eine Vielfalt geophysikalischer Parameter. Im Hinblick auf die Atmosphäre messen Satelliten Temperatur- und Feuchtigkeitsprofile von der Oberfläche bis in über 40 km Höhe, ferner Windparameter, Niederschlag, Aerosol sowie die Konzentration von Ozon und anderen Gasen. Neben der Vertikalsondierung dienen sie auch der Bestimmung großräumiger und mesoskaliger horizontaler Feldverteilungen von interessierenden Parametern. Beispielsweise können die Verteilungen von Temperatur (Thermalbild) und Wasserdampf sowie Größen des Strahlungs- und Wärmehaushaltes (Earth Radiation Budget Experiment, ERBE) bestimmt werden.

Über den Ozeanen messen Satelliten die Oberflächentemperaturen und oberflächennahen Winde, Meereshöhe, Wellen, Eisbedeckung und Ozeanfarbe. Über den Landflächen messen bzw. detektieren sie die Oberflächentemperatur, Bodenfeuchte, Vegetations- und Schneebedeckung, Hochwasser, Waldbrände und andere Parameter.

Im Rahmen des Global Historical Climatology Network (GHCN)-Projekts wurde eine Datenbank zusammengestellt aus bereits existierenden nationalen, regionalen und globalen Datensammlungen, deren Ziel es ist, einen umfassenden globalen Oberflächen-Basisklimadatensatz zur Überwachung des Klimas und zur Erkennung von Klimaveränderungen zu erstellen, zu pflegen und zur Verfügung zu stellen. Er enthält Daten von etwa 6000 Temperaturstationen, 7500 Niederschlagsstationen, 1800 Druckstationen auf Meereshöhe und 1800 Stationsdruckstationen. Jede Station verfügt über Daten für mindestens 10 Jahre, 40 % haben Daten für mehr als 50 Jahre. Die räumliche Abdeckung ist über den größten Teil der Erde gut, insbesondere für die Vereinigten Staaten und Europa. Datenlücken gibt es über den Amazonas-Regenwald, die Sahara, Grönland und die Antarktis, vgl. Abb. unten.

GHCN Niederschlagsmessstationen 1990 GHCN Niederschlagsmessstationen 1990
GHCN Temperaturmessstationen 1990 GHCN Temperaturmessstationen 1990

Die meisten der Satellitenprodukte liefern eine bessere Flächenabdeckung als alternative Verfahren. Insbesondere über den Ozeanen, die ca. 70 % der Erdoberfläche ausmachen, gibt es nur wenige oberflächenbasierte Beobachtungsmöglichkeiten. Über Land sind insbesondere Niederschlagsmessungen hinsichtlich ihrer Qualität häufig sehr heterogen, was ihre Vergleichbarkeit erschwert. Daneben wird in den regenreichsten tropischen Gebieten der Erde wie Südamerika und Indien kaum konventionelle Niederschlagserfassung betrieben.

Satellitenmessungen können dagegen auf großer räumlicher Skala eine kontinuierliche und flächendeckende Beobachtung liefern. Nicht nur über den Ozeangebieten sondern auch über Landgebieten können dadurch große Beobachtungslücken geschlossen werden.

Zudem werden für viele Anwendungen globale Datensätze benötigt, und diese werden über Satellitenmessungen verfügbar. Ferner ist für den operationellen Betrieb Schnelligkeit und Häufigkeit der Datenübermittlung geboten. So ist das zeitliche Auflösungsvermögen (Wiederholrate) wichtiger als das räumliche. Der moderne Meteosat-8 (MSG-1) z.B. liefert seine Multispektralbilder im 15 min-Rhythmus.

Die zeitliche und räumliche Abdeckung durch die verschiedenen Satelliten ist dabei sehr unterschiedlich. So liefern die geostationären Satelliten Messungen von 50° N bis 50° S in kurzem zeitlichen Abstand (z.B. MSG). Die polarumlaufenden Satelliten der DMSP- und NOAA-Serien sowie der TRMM-Satellit umkreisen den Globus hingegen fortlaufend mit einer Umlaufzeit von etwa eineinhalb Stunden. Daraus resultiert pro Satellit für bestimmte Gebiete maximal eine zweimalige Messung am Tag.

Insofern hat sich die Kombination von Satelliten auf geostationären und polumlaufenden Umlaufbahnen bewährt.

Die bekanntesten und seit Jahrzehnten praktizierten Messungen aus dem Weltraum sind die im optischen Bereich. Die zu Wettersatellitenbildern aufbereiteten Messergebnisse dienten ursprünglich im sichtbaren Spektralbereich als einfache Informationen über Wolkenverteilung und -arten sowie daraus ableitbare Prozesse. Heute sind solche Bilder, insbesondere von geostationären Satelliten, in verschiedenen Spektralbereichen ein integraler Bestandteil der synoptischen Meteorologie und der öffentlichen Wetterinformation.

Zu den ältesten Anwendungen der Fernerkundung gehört auch die flugzeug- und satellitenbasierte Messung der Temperatur von Erd- und Meeresoberfläche. Gemessen wird die der Temperatur proportionale langwellige Ausstrahlung der Oberfläche in den Spektralabschnitten, in denen die Atmosphäre durchlässig ist (atmosphärische Fenster). Dabei sind nicht nur Punktmessungen möglich, sondern auch flächenmäßige Scans (Abtastungen), die zu Thermalbildern führen.

Spurengasbestimmungen der Atmosphäre werden im optischen Bereich mit Hilfe sehr hoch auflösender Fourierspektrometer (FTIR) sowohl vom Boden, von Ballons als auch von Satelliten (z.B. MIPAS auf ENVISAT) aus vorgenommen.

Sehr bedeutsam sind die von Satelliten aus vorgenommenen Messungen der solaren und terrestrischen Strahlungsflüsse (Globalstrahlung, reflektierte Strahlung, langwellige Ausstrahlung, Gegenstrahlung, Strahlungsbilanz) in verschiedenen Spektralbereichen. Daraus wird die planetare Energiebilanz berechnet. Außerdem werden aus den gemessenen Strahlungsflussdichten und aus der ebenfalls möglichen Berechnung von thermodynamischen Feldgrößen Vertikalprofile von Temperatur und Feuchte vorwiegend in der Atmosphäre oberhalb der Tropopause bestimmt.

metsystem Meteorologisch-klimatische Beobachtungssysteme

Das Globale Klima-Beobachtungssystem (GCOS) wurde als ein "System von Systemen" eingerichtet, das auf bestehenden globalen Beobachtungssystemen aufbaut und sicherstellen soll, dass die Daten gemeinsam verbessert oder ergänzt werden, um seine Ziele zu erreichen.

Quelle: BOM

Boden-basierte Fernerkundungsverfahren bei der Wetterbeobachtung

Bodenbasierte Wetterbeobachtung ist nicht nur in situ-Messung, sondern umfasst auch Fernerkundungsverfahren. Dazu gehören Wetterradar, sowie LIDAR- und SODAR-Fernmessverfahren u.a.

Insbesondere für die Fernerkundung der atmosphärische Grenzschicht werden Sondierungssysteme (SODAR) verwendet, die auf der Ausbreitung von Schallwellen in der Atmosphäre beruhen. Im Prinzip handelt es sich dabei um ein akustisches Radar. SODAR-Geräte gelten gegenüber direkten Verfahren als vergleichbar genau und zusätzlich als kostensparend.

Verbindet man ein akustisches System mit einem Radargerät, so erhält man ein Radio Acoustic Sounding System (RASS), das die Bestimmung vertikaler Temperatur- und Windprofile ermöglicht.

Ein Spezialgebiet der Nutzung des optischen Spektralbereiches ist LIDAR, das - neben anderen Einsatzgebieten - verschiedene Fernmessverfahren für atmosphärische Gase und Aerosolverteilungen auf der Grundlage der Lasertechnik bezeichnet.

bodenbasierte_verfahren_spank Übersicht der wichtigsten bodengestützten Beobachtungssysteme

 

  • operationelle Fernerkundung (durchgezogene Pfeile)
  • experimentelle Fernerkundung (gestrichelte Pfeile)

 

Quelle: U. Spank (TU Dresden)

Flugzeug-basierte Fernerkundungsverfahren bei der Wetterbeobachtung

Auch bei Flugzeug-getragener Wetterbeobachtung stehen Fernerkundungsverfahren neben in situ-Verfahren. Das DLR befasst sich z.B. über das OZON-Lidar Experiment (OLEX) mit der Fernerkundung des stratosphärischen Ozons. Das Instrument dient im Übrigen auch der Validierung von SCIAMACHY-Daten. Messungen des atmosphärischen Wasserdampfes können mit Hilfe von Flugzeug-getragenen, aber auch vom Boden aus einsetzbaren Wasserdampf-Differential-Absorptions-Lidarsystemen (DIAL) des DLR erfolgen. LIDAR-Systeme werden eingesetzt um z.B. die starken Strahlströme in großer Höhe zu erfassen.

Weitere Informationen:


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