Lexikon der Fernerkundung

Streuung

Engl. scattering, franz. diffusion des ondes; in der Atmosphäre ein Vorgang, bei dem Teile der elektromagnetischen Strahlung durch kleine Materieteilchen (Aerosol) nach allen Richtungen hin abgelenkt oder teilweise aufgesplittert werden. Die Energieform wird dabei nicht verändert. Wie die Absorption führt die Streuung zu einer Schwächung der die Atmosphäre durchlaufenden Strahlung, insofern besitzt sie auch für die Fernerkundung und die Klimatologie Bedeutung.

Beim Durchgang durch die Atmosphäre verringert sich die direkte Sonnenstrahlung, so dass am Boden nur noch ein Teil der Strahlung ankommt. Dabei ist die Durchlässigkeit der Atmosphäre für die elektromagnetische Strahlung stark vom Zustand der Atmosphäre (Aerosolgehalt, Feuchtegehalt, Schichtung, Witterung), vom zurückgelegten Weg der Strahlung durch die Atmosphäre und von der Wellenlänge der Strahlung abhängig. Die unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften der in der Atmosphäre vorkommenden Gase sind für ein komplexes Zusammenspiel von Streuung und Absorption verantwortlich.

Die Absorptions- und Streuungsvorgänge werden mit dem Begriff Extinktion zusammengefasst. Die Absorption ist auf die speziellen Absorptionseigenschaften der Gase, Aerosolteilchen und Wolkentropfen, die Streuung ist auf Wechselwirkungen zwischen Wellenlänge und den Teilchengrößen von Aerosolen und Luftmolekülen zurückzuführen. Die Durchlässigkeit der Atmosphäre hat unmittelbaren Einfluss auf die Fernerkundung. Die Absorptionsbanden des Wasserdampfes bewirken z.B., dass diese Bereiche für die optische Fernerkundung der Erdoberfläche nicht genutzt werden können. Dagegen gibt es Bereiche im elektromagnetischen Spektrum, für die die Atmosphäre nahezu durchsichtig ist, es sind die sogenannten atmosphärische Fenster.

Allerdings unterliegt die diese atmosphärischen Fenster passierende Strahlung komplexen Streuungsvorgängen, die sich wiederum wellenlängenspezifisch auswirken. So wird z.B. ein großer Teil der Strahlung des blauen Spektralbereiches bereits in der Atmosphäre an den Luftmolekülen gestreut (sog. Rayleigh-Streuung) und zum Satellitensensor zurückgestrahlt. Dieser Teil überlagert dort als „Luftlicht“ (engl. path radiance) das Bodensignal und führt zu Kontrastminderungen. Deshalb wird dieser Bereich oft aus Untersuchungen herausgelassen oder erst gar nicht aufgezeichnet. So verzichtet z.B. der ASTER-Sensor auf der Terra-Satellitenplattform der NASA auf eine Aufnahme dieses Wellenlängenbereiches.

Die Streuung bildet auch einen Bestandteil des spektralen Extinktionskoeffizienten. In der Atmosphäre erfolgt sowohl bei Teilen der Ein- als auch der Ausstrahlung eine Veränderung der ursprünglichen Strahlungsrichtung an den Luftbestandteilen (Gase, Aerosole usw.). Zu unterscheiden sind zunächst die beiden selektiven Streuungsvorgänge:

  1. Rayleigh-Streuung: Sie betrifft besonders Strahlung mit kurzen Wellenlängen (UV, blaues Licht) und sie erfolgt an Molekülen mit einem Radius kleiner als die Wellenlänge der Strahlung. Dabei handelt es sich u.a. um Sauerstoff, Stickstoff, Kohlendioxid.
  2. Mie-Streuung: Sie beeinflusst vor allem den sichtbaren Spektralbereich und wird von größeren Wassermolekülen und Aerosolpartikeln mit einem Radius, der der Größenordnung der jeweiligen Wellenlänge entspricht, verursacht.

Nicht-selektive Streuungsvorgänge werden dagegen hervorgerufen durch Luftbestandteile mit einem Durchmesser, der die jeweiligen Wellenlängen erheblich überschreitet. Typische Partikel, die für diesen Effekt verantwortlich sind, sind Wassertröpfchen und größere Staubpartikel. Durch sie werden alle Wellenlängen gleichmäßig gestreut, was z.B. Wolken weiß erscheinen lässt (eine Mischung aus allen Farben des Lichts in etwa dem gleichen Mengenverhältnis ergibt weißes Licht.

Eine Wolke besteht aus Wassertröpfchen, und da diese das Licht aller Wellenlängen gleichmäßig streuen, erscheint eine Wolke weiß. Ein 'Fernerkundungssensor', wie unser Auge, kann nicht durch Wolken "hindurchsehen". Darüber hinaus haben Wolken eine weitere einschränkende Wirkung auf die optische Fernerkundung: Wolken werfen Schatten.

streuungsarten Arten der atmosphärischen Streuung

Die Art der Streuung ist eine Funktion von:

  • der Wellenlänge der einfallenden Strahlungsenergie und
  • der Größe des getroffenen Gasmoleküls, Staubpartikels und / oder des Wassertröpfchens

Streuung kann den Informationsgehalt von Fernerkundungsdaten stark reduzieren, im Extrem so weit, dass das gewonnene Bild kontrastarm wird und ein Objekt nicht mehr von einem anderen unterscheidbar ist.

Quelle: verändert nach Jensen 2007

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