Lexikon der Fernerkundung

NewSpace

Auch new space, entrepreneurial space, astropreneurship und commercial space; Oberbegriffe einer Geschäftsphilosophie, die für die aufkommende private Raumfahrtindustrie stehen. Sie umfasst einen globalen Sektor relativ neuer, ausgesprochen kommerziell ausgerichteter Raumfahrtunternehmen. Diese entwickeln unabhängig von Regierungen und deren vorrangigen Vertragspartnern (d. h. Old Space), schneller, besser und billiger Raumfahrttechnologien (Trägersysteme, Satellitendienste) und damit auch Zugang zum Weltraum. Die Gründung neuer Unternehmen mit hohem privatem Kapitaleinsatz, die Nutzung neuer Technologien und Herangehensweisen, sowie die Konvergenz mit dem Informationstechnologie-Sektor bilden die Grundlagen der NewSpace.

Kommerzielle Akteure sorgen mit neuen Technologien und Geschäftsmodellen dafür, dass Innovationen in der Raumfahrt an Dynamik gewinnen. Diese Entwicklung ist insofern neu, als Raumfahrt zuvor fast ausschließlich von staatlichen Akteuren finanziert und von wenigen etablierten Unternehmen, wie Boeing, Airbus oder Lockheed Martin sowie u. a. Northrop Grumman, betrieben wurde.

Die Grenzen zwischen New Space und traditioneller Raumfahrt sind allerdings fließend. Auch langjährig etablierte Unternehmen, wie das europäische Unternehmen Airbus, die deutsche OHB System AG und viele KMU der deutschen Raumfahrtbranche, sind in jenen Bereichen aktiv, die New Space zugeordnet werden. Auch wenn immer mehr Start-ups die Entwicklungen von New Space prägen, lässt sich letztlich keine klare Grenze zwischen Old Space und New Space ziehen.

New-Space-Unternehmen agieren einerseits in den angestammten Geschäftsfeldern der traditionellen Raumfahrtindustrie, z. B. der satellitenbasierten Kommunikation, Navigation und Erdbeobachtung, erschließen andererseits aber völlig neue Tätigkeitsfelder, wie etwa die private bemannte Raumfahrt, Weltraumservices inklusive der Entsorgung von Weltraumschrott, Weltraumbergbau und -produktion, oder sie streben gar die Erschließung neuer Weltraumhabitate an. Angetrieben werden die Entwicklungen durch Innovationen, vor allem in den Feldern Miniaturisierung, 3-D-Druck, Robotik und künstliche Intelligenz (KI), die u. a. in stetig sinkenden Kosten für den Raumtransport resultieren und neue Anwendungen ermöglichen.

Besonders umfangreich und medienwirksam wird über die Vorhaben von drei in den USA lebenden Milliardären berichtet, die auch maßgeblich die Entwicklung von New Space vorantreiben. Dabei handelt es sich um den Gründer von Amazon, Jeff Bezos, den als Tesla-Chef bekannt gewordenen Elon Musk sowie dem Gründer der Virgin Group, Richard Branson. Alle drei haben ihre eigenen Raumfahrtunternehmen gegründet, deren Ziel es ist, Menschen ins All zu befördern, dort Infrastrukturen aufzubauen bzw. neue Habitate zu erschließen.

Darüber hinaus investieren weitere rund 25 Milliardäre aus den USA in die Raumfahrt, darunter Bill Gates (Microsoft), Marc Zuckerberg (Facebook), Peter Thiel (PayPal), Sergey Brin und Larry Page (Google Alphabet) sowie die Milliardäre Ma Huateng aus China und Ricardo B. Salinas aus Mexiko (Bryce Space and Technology 2018; Schneider 2018b, S. 18). Allen gemeinsam ist das Ziel, den Weltraum leichter zugänglich zu machen, indem die Raumfahrt preiswerter und einfacher wird.

NewSpace Gegenwärtige (2016) und zukünftige NewSpace Geschäftsfelder

Die Abbildung zeigt die vielfältigen, heute wirtschaftlich bedeutendsten Geschäftsfelder der traditionellen Raumfahrt und verschiedenste NewSpace Geschäftsmodelle. NewSpace erschließt nach und nach neue kommerzielle Felder über den traditionellen kommerziellen Raumfahrtsektor hinaus.

Quelle: BMWi

Die Kommerzialisierung schreitet insbesondere in den USA schnell voran. Von 2010 - 16 wurden in den USA 2-3 Mrd. US$ in Firmen und Projekte wie SpaceX, Terra Bella, Spire Global, Planet Labs oder OneWeb investiert. Die weltweit einzigartige Kombination von Venture Capital und Unternehmertum an der US-Westküste ist zum Taktgeber der kommerziellen Raumfahrt geworden. US-Regierungsbehörden unterstützen die Entwicklung durch massive Investitionen und als Ankerkunden für die neuen Systeme und Dienstleistungen. Megakonstellationen auf Mini-, Mikro- und Nanosatellitenbasis (CubeSats) sind die Ikonen der NewSpace-Szene. Sie haben das Potential für vielfältige kommerzielle Anwendungen, insbesondere in der Erdbeobachtung, für Breitbandverbindungen und für das Internet der Dinge. Von Internet-Unternehmern inspiriert, entstehen neue Big-Data- und Geoinformations-Geschäftsmodelle. Mini-, Mikro- und Nanosatelliten benötigen andere Startsysteme als ein fünf Tonnen schwerer geostationärer Kommunikationssatellit.

In Deutschland entstand in den letzten Jahren eine aktive NewSpace-Community mit ersten Risikokapitalanlegern. Obwohl NewSpace häufig mit Start-ups assoziiert wird und diese ein wichtiger Treiber sind, können NewSpace-Geschäftsmodelle von Unternehmen jeglicher Größe und jedes Alters verfolgt werden. Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Industrie waren 2021 125 Raumfahrt-Start-ups in Deutschland aktiv. (Raumfahrtstrategie)

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