Lexikon der Fernerkundung

Swarm

Engl. für Schwarm; am 22. November 2013 von Plesetsk aus an Bord eines Rockot-Launchers gestartete Mission der ESA zur bislang genauesten Vermessung des Erdmagnetfeldes und seiner Entwicklung als Teil des Programms Earth Explorer Mission. Die Erkenntnisse sollen auch unser Verständnis des Erdinnern und des Klimas verbessern.

Bei der Mission arbeiten drei identische Satelliten mit einer Masse von je 500 kg zusammen. Gemeinsam sollen sie die Stärke, Orientierung und die zeitliche Veränderung des Erdmagnetfeldes messen. Daraus erhofft man Prognosen über die Langzeitentwicklung des Magnetfeldes ableiten zu können. Das Projekt wird damit das erfolgreiche CHAMP-Projekt fortsetzen.

Die SWARM-Konstellation

Für ihre Mission fliegen die drei Satelliten in optimierter Formation auf polaren Umlaufbahnen in Höhen zwischen 450 und 550 km: zwei Satelliten (SWARM-A, SWARM-B) fliegen in 450 Kilometern Höhe mit 150 Kilometern Abstand nebeneinander her, der dritte (SWARM-C) steigt auf 530 Kilometer Höhe in eine höhere Umlaufbahn. Der Grund für diesen komplizierten Formationsflug liegt im Erdmagnetfeld selbst. Dieses wird erzeugt durch die Strömung elektrisch leitenden, flüssigen Eisens im äußeren Erdkern, 2900 km unter der Erdoberfläche. Es wird beeinflusst durch die Leitfähigkeit und die Dynamik des darüber liegenden Erdmantels (bis rund 40 km unter der Erdoberfläche).

Schließlich tragen noch die magnetisierten Gesteine der Erdkruste zum Erdmagnetfeld bei. Hinzu kommt, dass auch die Sonne und Ströme im erdnahen Weltraum von außen das Erdmagnetfeld beeinflussen. Will man diese einzelnen Bestandteile untersuchen, muss man dafür das vom Satelliten gemessene Gesamtsignal des Magnetfeldes in die einzelnen Bestandteile auftrennen. Das tiefer fliegende SWARM-Paar kann durch seinen Abstand von 150 km mit einem Stereo-Blick auf das Magnetfeld der Erdkruste "schauen". So kann man diesen Bestandteil mit sehr hoher Genauigkeit analysieren. Der dritte, obere SWARM-Satellit kann wiederum die nach oben hin abnehmende Stärke des Magnetfeldes genauer bestimmen, zudem fliegt dieser Satellit in einem über die Zeit immer stärker zunehmenden Winkel zur Bahn des unteren Paars. Die Gesamtmessung wird ein Bild des Erdmagnetfeldes in einer bisher noch nie erreichten Präzision ergeben.

SWARM-Konstellation

SWARM-Konstellation

Quellen: GFZ/ EADS-Astrium

Das Magnetfeld der Erde übt einen bestimmenden Einfluss auf unsere elektrodynamische Umgebung, die thermosphärische Dynamik und möglicherweise auf die Entwicklung der unteren Atmosphäre aus. Ein weiteres Forschungsziel von Swarm ist die Untersuchung des Einflusses der Sonne auf die Erde. Konkret praktischer Nutzen der Swarm-Mission besteht in der Vorhersage von Strahlungsausbrüchen der Sonne oder auch entfernterer Sterne, mit deren Hilfe Störungen auf der Erde, beispielsweise der Energieversorgung oder der Telekommunikation, eingegrenzt oder gar vermieden werden können. Weiterer praktischer Nutzen der Swarm-Mission besteht in Beiträgen zur Verbesserung von Navigationssystemen, einschließlich jener, die auf Satelliten installiert sind, ferner in Fortschritten bei der Erdbebenvorhersage durch das Aufspüren von tektonischen Störungen, sowie in der Erkundung der Lithosphäre und damit in der verbesserten Suche nach mineralischen Rohstoffen.

Jüngste Forschungsarbeiten, die Daten von Swarm nutzen, tragen auch dazu bei, das Verständnis der Wissenschaftler für eine große Region mit abgeschwächtem Magnetfeld zu verbessern, die als "Südatlantische Anomalie" bekannt ist. Die globalen Karten des Magnetfelds von Swarm tragen zur Erforschung der Bewegung des Eisens im Erdkern bei und helfen zu erklären, warum der magnetische Nordpol immer weiter in Richtung Sibirien driftet.

Die Satelliten wurden von einem deutsch-englischen Team von EADS Astrium (heute Airbus D&S) in Immenstaad (Bodensee) gefertigt. Die Komponenten lieferten Unternehmen in Europa. Die Kosten für den Bau der Satelliten betrugen etwa 86 Millionen Euro, die Gesamtkosten der Mission ca. 200 Mio €. Die Mission ist Mitte 2022 noch aktiv.

Die baugleichen Satelliten tragen folgende Nutzlast:

Über eine internationale Kooperation wird die Swarm-Konstellation 2018 durch den kanadischen Hybrid-SatellitenCASSIOPE, der sich ebenfalls seit 2013 im All befindet, ergänzt. Mit seinem Instrumentenset ePOP (enhanced Polar Outflow Probe) beobachtet er die Ionosphäre. Untersucht werden die Auswirkungen von Sonnenstürmen und deren schädliche Auswirkungen auf den Funkverkehr, die Satellitennavigation und andere weltraum- und bodengestützte Technologien.

Weitere Informationen:


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