Lexikon der Fernerkundung

NDVI

Engl. Akronym für Normalized Difference (auch: Density) Vegetation Index, dt. Normalisierter Differenzierter Vegetationsindex, oder Normierter Differentieller Vegetationsindex oder Normalisierter Differenzen-Vegetations-Index; aus Satellitendaten relativ leicht zu berechnende Messgrösse für die Biomasse. Satellitensensoren können quantifizierend angeben, welcher Teil der photosynthetisch relevanten Strahlung von der Vegetation absorbiert wird. In den späten siebziger Jahren des 20. Jh. wurde erkannt, dass die Netto-Photosynthese direkt abhängig ist von der Menge photosynthetisch aktiver Strahlung, die von Pflanzen absorbiert wird. Je mehr eine Pflanze während der Vegetationsperiode sichtbares Sonnenlicht absorbiert, umso intensiver ist die Photosynthese und umso produktiver ist sie. Wenn die Pflanze umgekehrt weniger Sonnenlicht absorbiert, ist die Photosyntheserate und damit das Wachstum geringer.

Spektraler Reflexionsgrad eines grünen Laubbaumblattes

Spektraler Reflexionsgrad eines grünen Laubbaumblattes

Die Abbildung verdeutlicht die grundlegenden Überlegungen zu Vegetationsindizes. Bei gesunder Vegetation fällt auf, dass die Kurve im ersten Kanal ein relatives Minimum (bei 0,65 µm) und im zweiten Kanal ein Maximum (bei 0,8 µm) hat. Einige Pigmente im Mesophyll der Blätter absorbieren die Sonnenstrahlung im Bereich des roten und blauen Lichts, wobei grünes Licht reflektiert wird. Dies verursacht das Minimum im Bereich des ersten Kanals.

Der Großteil der Infrarotstrahlung wird mehrfach an Grenzflächen der Vegetation (z.B. an Zellwänden oder luftgefüllten Hohlräumen) gespiegelt und somit zu einem großen Teil reflektiert. Dies erklärt das Maximum des Reflexionsgrades grüner Vegetation in Kanal 2. Die Differenz zwischen den Kanälen kann als grundlegender Indikator für Vegetation dienen. Dieser Grundansatz findet sich bei allen Vegetationsindizes wieder.

Quellen: Kraus, Karl (1990): Fernerkundung Bd.1 (verändert)

Durch die Bildung von Indizes aus zwei oder mehr Kanälen kann die Visualisierung des Biomassegehaltes und des Zustandes der Vegetation stark verbessert werden. Ein solcher Index ist der NDVI. Er wird im Wesentlichen aus der Differenz der Messergebnisse der Kanäle 1 und 2 des Sensors AVHRR (Pixelgrößen um 1 km²) ermittelt, er wird aber auch für Multispektraldaten anderer Sensoren benutzt.

Vegetation erscheint sehr unterschiedlich in den Wellenlängenbereichen des sichtbaren Lichts und des Nahen Infrarots. Im Bereich des sichtbaren Lichts sind vegetations-bedeckte Flächen sehr dunkel, fast schwarz, wohingegen Wüstenregionen (z.B. die Sahara) hell erscheinen. Im Nahen Infrarot ist die Vegetation heller und Wüsten haben in etwa denselben Helligkeitgrad wie beim sichtbaren Licht. Durch den Vergleich von sichtbarem und infrarotem Licht messen Wissenschaftler die relative Vegetationsmasse.

Quelle: NASA Earth Observatory

Die spektrale Signatur (reflektierte Strahlung in eng begrenzten Spektralbereichen) gesunder Vegetation zeigt einen sprunghaften Anstieg des Reflexionsgrades bei 0,7 µm, während unbewachsener Boden je nach Art einen stetigen, geradlinigen Verlauf aufweist. Je aktiver das Chlorophyll der Pflanzen ist, desto größer ist der Anstieg des Reflexionsgrades im nahen Infrarot (0,78 - 1 µm). Neben der Unterscheidung der Vegetation von anderen Objekten lässt sich somit die Stärke (und Vitalität) der Vegetation folgern. Diesen Umstand nutzt man bei der Berechnung des NDVI.

Im Bereich des Rot wird einfallende Sonnenstrahlung weitgehend durch die im Mesophyll der Blätter enthaltenen Pigmente, vor allem durch das Chlorophyll, absorbiert. Im nahen Infrarot dagegen wird der Großteil der auftreffenden Strahlung vom Blattgewebe reflektiert. Der NDVI bildet ein Maß für die photosynthetische Aktivität und ist stark mit Dichte und Vitalität der Vegetationsdecke korreliert. Satellitendaten können mit hoher Genauigkeit in Kilogramm Biomasse pro Hektar umgerechnet werden, indem man bestimmte Flächen zur Kontrolle nachmisst (Verifikation) und die Ergebnisse der Fernerkundung entsprechend anpasst.

Der NDVI ergibt sich allgemein aus:

NDVIallg = nahes IR - Rot / nahes IR + Rot

Der Index kann Werte zwischen -1,0 und +1,0 annehmen, für Vegetation liegen sie meist zwischen 0,1, und 0,7. Sein Vorteil liegt in der Verhältnisbildung, welche unterschiedliche Beleuchtung, atmosphärische Trübung, Oberflächenneigung und Beobachtungsaspekte weitgehend kompensiert.

Normalized Difference Vegetation Index (NDVI)

Satellitenkarten der Vegetation zeigen die Dichte des Pflanzenwachstums über den gesamten Globus hinweg. Die gebräuchlichste Maßeinheit ist der NDVI. Sehr niedrige Werte des NDVI (0,1 und darunter) korrespondieren mit kahlen Gebieten mit Fels, Sand und Schnee. Mittlere Werte (0,2 bis 0,3) repräsentieren Busch- und Grünland, wohingegen hohe Werte (0,6 bis 0,8) gemäßigte und tropische Regenwälder darstellen.

 

Quellen: NASA

 

 

Großräumige NDVIAVHRR - Karten werden seit 1980 von der NOAA erstellt. Dazu werden die täglichen Vegetationsindizes zu 8-, 16- oder 30-Tage Kompositen zusammengefasst. Dieser notwendige Schritt ergibt sich aus der Tatsache, dass viele Pixel aus der Messung eines einzelnen Tages nicht entzifferbar sind. Eine so erstellte Karte wäre lückenhaft. Der Grund liegt in Wolken oder Aerosol, die den Blick des Sensors auf die gesamte Szene versperren, grelles Sonnenlicht kann einzelne Pixel saturieren, auch sind Fehlfunktionen des Sensors möglich.

Beispiele für NDVIAVHRR-Monatsmittel von Europa (1997):

Monatsmittel Februar 1997 Monatsmittel März 1997 Monatsmittel April 1997 Monatsmittel Mai 1997

Aus dem Vergleich der Bilder kann man den Einzug des Frühlings in Europa ablesen: Hohe Werte bedeuten hohe, niedrige Werte niedrige Chlorophyllproduktion.

Quelle der Bildsequenz: SatGeo

Weder das NDVI- noch das EVI-Produkt können alle Hindernisse beseitigen. Wolken und Aerosole können oft die Sicht der Satelliten auf die Oberfläche vollständig blockieren, die Blendung durch die Sonne kann bestimmte Pixel sättigen, und vorübergehende Fehlfunktionen der Satelliteninstrumente selbst können ein Bild verzerren. Folglich sind viele der Pixel in den Bildern eines Tages nicht zu entziffern, und die aus den täglichen Vegetationsindizes erstellten Karten sind bestenfalls lückenhaft.

Beobachtungsfehler

Längerfristige Durchschnittswerte von Vegetationsdaten tragen dazu bei, Fehler, die durch Bewölkung verursacht werden, zu beseitigen. Andererseits verdecken sie Details, insbesondere bei hoher Auflösung.

Das Bildpaar links zeigt Borneo im September 1999. Das linke Bild vereint die Werte einer 10-Tagesperiode vom 21.-30.9. Starke Wolkenbedeckung lässt einige Gebiete vegetationsarm oder vegetationslos erscheinen. Der 30-Tage-Durchschnitt des ganzen Monates zeigt aber die dichte Waldbedeckung nahezu der gesamten Insel.

Quellen: NASA

Weitere Informationen:


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