Lexikon der Fernerkundung

Gesundheit und Fernerkundung

Schlüsselvariablen für die Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit sind u.a. Veränderungen der natürlichen Umwelt wie das Auftreten von Schadstoffen in der Luft, in Süß- und Salzwasser, die Beeinträchtigung der Ozonschicht oder Landnutzungsänderungen. Dürren können zu Unterernährung und zu lebensbedrohlichen Wald- und Buschbränden führen, Staubstürme und Smog verursachen oft Atemwegserkrankungen, Algenblüten verunreinigen Nahrungsmittel aus dem Meer. Ferner sind Klimawandel und extreme Wetterereignisse mit einer Vielzahl von Gesundheitsrisiken verbunden. Dazu treten zivilisatorisch bedingte Gesundheitsrisiken wie Ölunfälle, Brände aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen usw.

Satelliten können zwar einen globalen Überblick bieten, aber es ist wichtig zu beachten, dass satellitengestützte Sensoren die vertikale Atmosphärensäule messen, die sich vom Satelliten bis zur Oberfläche erstreckt, und nicht die Schadstoffkonzentrationen auf der Oberfläche (diese Daten werden von Sensoren erfasst, die in Bodenstationen installiert sind oder sich an Bord von Flugzeugen befinden). Daher kann es zu gewissen Diskrepanzen zwischen den von Sensoren an Bord von Satelliten und den von Instrumenten näher an der Oberfläche erfassten Werten kommen.

Satellitengestützte Daten werden in vielen Bereichen des Gesundheitswesens und der Luftqualität eingesetzt, z. B:

Vom Satelliten gemessene optische Aerosoltiefe Vom Satelliten gemessene optische Aerosoltiefe

Sensoren an Bord von Satelliten messen die vertikale Säule der Atmosphäre unterhalb des Sensors. Dies ermöglicht eine tiefe, aber begrenzte Bewertung der Schadstoffe.

Quelle:NASA

Teilweise können Fernerkundungsdaten von Wetter-, Land- und Ozeanparametern mit entsprechender Aufbereitung bei Vorbeugung, (Früh)Warnung, Monitoring, Forschung und Gesundheitsplanung behilflich sein. Beispielsweise lassen sich georäumliche Informationen bezüglich vektorübertragener Krankheiten, bei denen die Krankheitsvektoren bestimmte Ansprüche an ihre Lebensräume stellen - so Anopheles-Arten für Malaria und Dengue oder das Verbreitungsgebiet für Zecken (Feuchte, Defragmentation von Waldgebieten) - mittels Fernerkundung ermitteln. Die Fernerkundungsdaten können dann neben anderen Daten zur Modellierung herangezogen werden.

So leisten Anwendungen von z.T. fernerkundungsgestützten Geographischen Informationssystemen (GIS) und Forschungstätigkeiten, die sich an der Schnittstelle zwischen Geographie und Medizin befinden, einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge oder auch zur Seuchenbekämpfung. Hierbei kann es sich um die Beschreibung und Erklärung raumbezogener Variationen von Krankheit, um die Planung von Gesundheitseinrichtungen handeln oder oder um eine verbesserte Gesundheitsprävention handeln.

Durch Nutzung von Erdbeobachtung kann man z.B. eine Verbesserung der globalen UV-Index Vorhersagen erzielen, ein wichtiger Indikator für das Hautkrebsrisiko. Auf Basis des UV-Index kann die Bevölkerung bei Überschreitung des Schwellenwertes z.B. im Internet gewarnt werden. Im Kontext Allergien erlaubt die Fernerkundung die Charakterisierung des Beginns der Pollenflugsaison und zeigt zudem regionale Differenzen eindeutig auf. Ziel ist es durch die Verschneidung unterschiedlicher Informationen Pollenflugvorhersagen zu erstellen, um hierdurch die Patienten effektiv warnen zu können. Im Bereich Asthmaprävention kann die Fernerkundung zudem wichtige Informationen über die Feinstaubbelastung liefern. Insgesamt ist der Vorteil der Fernerkundung, dass die Satellitendaten auch detaillierte regionale Informationen liefern, welche von den In-Situ Messnetzen nicht ausreichend flächenmäßig erfasst werden. Wichtig ist eine Verschneidung von Fernerkundungsdaten mit In-Situ Daten zur Weiterverarbeitung durch numerische Modelle.

In der Krankheitsökologie, die auch als geographische Epidemiologie bezeichnet wird, werden GIS zur Identifizierung möglicher Gesundheitsprobleme, zum Nachweis signifikanter räumlicher Muster von Krankheitsfällen sowie zur geographisch-ökologischen Analyse, bei der Gesundheitsdaten und Risikofaktoren der physikalischen, chemischen, biologischen oder sozialen Umwelt räumlich miteinander verknüpft werden, genutzt. Die wohl bekannteste historische Karte zur Aufklärung von Krankheitsverbreitungen ist die des Arztes John Snow (1813-1858). Anhand der Kartierung der örtlichen Wasserversorgungsverhältnisse konnte im Jahr 1849 die Ursache der Cholera in London, in diesem Fall die Kontamination einer öffentlichen Pumpe, enthüllt werden. Heute werden GIS im Rahmen der Krankheitsökologie zur Überwachung von Infektionskrankheiten, in der Krebsepidemiologie oder eben auch beispielsweise zur Analyse von Mortalitätsunterschieden in der Bevölkerung genutzt.

ESA, NASA und JAXA haben auf der Plattform Earth Observation Dashboard COVID-19-relevante Satellitendaten zusammengestellt, wodurch - aufgeteilt nach Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialindikatoren - die Weltregionen anschaulich verglichen werden können. So lassen sich z.B. rasante Verringerungen des Stickoxid-Gehalts der Luft während Lockdowns global messen, ebenso dessen schnelle Zunahme bei Lockerung der Maßnahmen. Das Europäische Daten Relay System (EDRS) stellt dabei mit Hilfe von Laserkommunikation sicher, dass die erforderlichen Daten dem Nutzer annähernd in Echtzeit zur Verfügung stehen.

Im Zusammenhang mit COVID-19 wurden in vielen Staaten zahlreiche satellitenbasierte Tracking-Anwendungen eingeführt, die einen wertvollen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten, z.B. die Galileo Green Lane App der EU-Kommission.

Weitere Informationen über Satellitenanwendungen finden Sie in der Getting Started Resource, die vom Health and Air Quality Applied Sciences Team (HAQAST) der NASA erstellt wurde. Weitere Artikel, in denen erklärt wird, wie NASA-Daten zur Untersuchung der gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung verwendet werden, finden Sie hier:

Weitere Informationen:


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