Lexikon der Fernerkundung

Bathymetrie

Die Vermessung der topographischen Gestalt von Meeres- und Seeböden. Als Teilgebiet von Hydrographie und Geodäsie dient die Bathymetrie somit der Gewinnung von Karten, aus denen das Tiefenprofil der Ozeane ersichtlich wird. Siehe hierzu auch GEBCO (General Bathymetric Chart of the Oceans).

Bathymetrische Messungen werden mit verschiedenen Methoden durchgeführt, von Tiefenlotung, Sonar- und Lidar-Techniken bis hin zu Bojen und Satellitenaltimetrie. Die verschiedenen Methoden haben Vor- und Nachteile, und die jeweils eingesetzte Methode hängt von der Größe des zu untersuchenden Gebiets, den finanziellen Mitteln, der gewünschten Messgenauigkeit und weiteren Variablen ab. Trotz moderner computergestützter Forschung ist der Meeresboden an vielen Stellen weniger gut vermessen als die Topographie des Mars.

Wichtigstes und traditionelles Werkzeug der Bathymetrie ist das Echolot. Dabei werden akustische Signale ausgesandt und an der Meeresoberfläche reflektiert. Fächersonare oder Fächerecholote, wie das SEABEAM-System oder das System HYDROSWEEP, sind in den Schiffsrumpf eingebaute Sonare, die - anders als herkömmliche Echolotsysteme - zusätzlich zum zentralen Schallstrahl nach unten weitere Schallstrahlen seitlich zur Fahrtrichtung aussenden. Für jeden der Schallstrahlen wird die Laufzeit des Signals ermittelt, daraus die Wassertiefe errechnet und damit eine flächenhafte Information zur Wassertiefe unterhalb des Boots zusammengesetzt. Fächerecholote werden vorzugsweise zur Kartographie des Meeresbodens eingesetzt.

Die folgende Abbildung veranschaulicht die Fächerecholotvermessung des Meeresbodens an Bord des Forschungseisbrechers Polarstern. Haupteinsatzgerät der AWI-Wissenschaftler der Abteilung Bathymetrie und Geodäsie ist das an Bord Fächerecholot, mit dem die Bremerhavener Geowissenschaftler die Gestalt des Meeresbodens erkunden. Entlang der Berge und Täler am Grund der polaren Ozeane kommt es zur Bildung von Tiefenwasser. Daraus entstehen Strömungen, die global für den Wärmetransport in den Weltmeeren verantwortlich sind und somit Einfluss auf das Klima unserer Erde nehmen.

Fächerecholotvermessung des Meeresbodens
an Bord des Forschungseisbrechers Polarstern bathymetrie_polarstern Quelle: AWI

Bathymetrische Vermessung mit Fächerecholotsystemen bieten ein schnelles Hilfsmittel, um Gestalt und Morphologie des Meeresbodens zu untersuchen. Das an Bord des Forschungsschiffes Polarstern installierte System Hydrosweep DS-2 liefert 59 Einzelmessungen der Wassertiefe und Echostärke je Ping. Zusätzlich liefert es Bodensichtsonar-Information (2048 Echos pro Ping). Das System kann mit einem Öffnungswinkel von 90 oder 120 Grad betrieben werden und ist für die Tiefseevermessung ausgelegt.
Das Echolot sendet über einen Geber ein Schallsignal nach unten. Dort wird das Signal vom Gewässerboden, aber auch Schiffswracks oder Fischschwärmen, reflektiert. Der reflektierte Impuls wird am Schiff empfangen. Aus der Laufzeit kann die Wassertiefe berechnet werden.

Die meisten Echolote verwenden Impulse mit einer Frequenz im Bereich zwischen 50 und 200 kHz (Ultraschall mit einer Wellenlänge von 3 cm bis 7,5 mm), die über einen Ultraschallgeber (meist ein Piezolautsprecher) im Schiffsboden oder am Heck abgestrahlt werden. Die Schallwellen werden am Gewässerboden reflektiert und vom Schallwandler empfangen. Aus der Laufzeit der Wellen und der Ausbreitungsgeschwindigkeit wird die Tiefe ermittelt.

Wissenschaftler des Center for Coastal and Ocean Mapping/Joint Hydrographic Centeran der University of New Hampshire haben die weltweit tiefste Rinne, landläufig als Marianengraben bezeichnet, mit Hilfe von Schallwellen neu kartiert (Abb. unten).

Die Marianenrinne erstreckt sich über 2.500 km in einem Bogen, der von den Inseln Guam und Saipan begrenzt wird. Seine Tiefen lassen die höchsten landfesten Berge der Erde klein erscheinen, und der Wasserdruck übersteigt 1.000 Atmosphären oder in anderen Worten, er entspricht dem 1.000fachen Luftdruck an Land. Die Tiefseerinne wurde - bei noch immer anhaltender Umgestaltung - durch die Kollision der alten und kalten Pazifischen Platte mit der viel jüngeren Philippinischen Platte gebildet. Die Pazifische Platte taucht unter die Philippinische Platte, ein Prozess, der als Subduktion bezeichnet wird.

Die Forscher setzten Fächerecholote ein, um den Marianengraben vom August bis zum Oktober 2010 zu vermessen. Solche am Schiffsrumpf montierten Geräte senden gepulste Schallwellen zum Meeresboden und zeichnen dann die echoähnlichen Reflexionen auf. Diese 'multi-beam sounders' senden die Schallpulse in einem fächerartigen Schwadstreifen aus, was den Forschern erlaubt, dreidimensionale Bilder des Meeresbodens anzufertigen.

Die Unterwasservermessung hat die bislang genauesten Ergebnisse der Tiefe des Challenger Deep erbracht - Tiefe 10.994 m ±40 m. Die Forscher entdeckten auch vier Tiefenwasser-'Brücken', die die Tiefseerinne queren und bis zu 2.500 m über dem Rinnenboden emporragen. Die neue Karte hat eine Auflösung von 100 m pro Pixel, nahezu 20mal detailreicher und genauer als vorherige Versionen.

Der Filmregisseur James Cameron machte im März 2012 Schlagzeilen, als er als erster Mensch 50 Jahre nach dem ersten Tauchgang in einem U-Boot das Challenger Deep aufsuchte. Don Walsh und Jacques Piccard waren 1960 im U.S. Navy Bathyscaph Trieste die Pioniere.

In den Abbildungen werden die Tiefen durch Blautöne wiedergegeben, wobei die größten Tiefen im dunkelsten Blau erscheinen. Die schwarzen Umrisslinien markieren den äußeren Rand der nahezu 400.000 km² großen Meeresbodenfläche, die von den Ozeanographen untersucht wurde. Die Forscher setzten Fächerecholote ein, um den Marianengraben vom August bis zum Oktober 2010 zu vermessen.

Neue Ansicht der abgründigsten Tiefseerinne challengerdeep_bathmetry_lres Neue Ansicht der abgründigsten Tiefseerinne
marianatrench_lres Quelle: NASA

Das luftgestützte bathymetrische Lidar-System umfasst die Messung der Laufzeit eines Signals von einer Quelle bis zu seiner Rückkehr zum Sensor. Die Datenerfassungstechnik umfasst eine Komponente zur Kartierung des Meeresbodens und eine Komponente zur Erfassung der "Ground Truth", die Videotransekte und Probenahmen umfasst. Es arbeitet mit einem Laserstrahl mit grünem Spektrum (532 nm). Zwei Strahlen werden auf einen schnell rotierenden Spiegel projiziert, der eine Reihe von Punkten erzeugt. Einer der Strahlen durchdringt das Wasser und erfasst unter günstigen Bedingungen auch die Bodenoberfläche des Wassers.

Die mit dem Lidar messbare Wassertiefe hängt von der Klarheit des Wassers und der Absorption der verwendeten Wellenlänge ab. Wasser ist für grünes und blaues Licht am transparentesten, so dass diese Wellenlängen in sauberem Wasser am tiefsten eindringen.

Die folgende Abbildung veranschaulicht, dass Lidar-Systeme Laser einsetzen um Entfernungen zu messen, anstatt wie beim Sonar-Verfahren Schallimpulse zu verwenden. Für LIDAR-Messungen werden u.a. Flugzeuge oder Multicopter eingesetzt. LIDAR ist für die topographische Kartierung auf Land weit verbreitet. Beim Einsatz für hydrographische Vermessungen werden zwei verschiedene Farblaser eingesetzt: grün und rot. Der rote Laser wird an der Wasseroberfläche reflektiert, wohingegen der grüne Laser den Wasserkörper durchdringt und vom Meeresboden zurückgeworfen wird. Seine Eindringtiefe kann bis zu 70 m betragen, in Abhängigkeit von der Klarheit des Wassers. Die Zeitdifferenz der beiden Laufwege kann dazu verwendet werden, die Tiefe zu berechnen.

Hydrographische Vermessung mit LIDAR bathymetrie_lidar Quelle: meted

Da die Echolot-Messmethode jedoch vergleichsweise aufwändig ist, wird seit einigen Jahren auch eine Technologie erprobt, Seekarten aus den Daten von Radarsatelliten zu gewinnen. Zwar können diese Radarsatelliten nur die Wasseroberfläche abbilden. Bedingt durch Gravitationsanomalien unterseeischer Erhebungen und Gebirgszüge, liegt der Wasserspiegel an diesen Stellen aber im Mittel um einige Zentimeter höher als an tieferen Stellen. Entsprechendes gilt für Tiefenanomalien des Ozeanbodens, die sich als leichte Dellen im Meeresspiegel abpausen.

Wie die folgende Abbildung zeigt, kann ein erdumlaufendes Radar im Weltraum den Meeresboden nicht sehen, aber es kann die durch die Topographie des Meeresbodens verursachten Höhenschwankungen der Meeresoberfläche messen. Ein Berg auf dem Meeresboden verstärkt die Anziehungskraft der Erde und ändert ihre Richtung auf eine geringfügige Weise, so dass sich zusätzliches Wasser um den Berg herum aufstauen kann. Zum Beispiel erzeugt ein 2000 m hoher Berg auf dem Meeresboden einen nur 20 cm hohen Anstieg der Meeresoberfläche. (Abb. A)

Die Neigung der Schwerkraftrichtung, die als "Ablenkung der Vertikalen" bezeichnet wird, entspricht der Neigung der Meeresoberfläche und wird in Mikroradiant gemessen. Ein Mikroradiant der Auslenkung erscheint als 1 mm Änderung der Höhe der Meeresoberfläche pro 1 km horizontaler Entfernung. (Abb. B)

Bathymetrische Messung aus dem Weltraum Sensing bathymetry from space
Sensing bathymetry from space Quelle: IGPP

Der Abstand vom Satelliten zur Oberfläche kann mit den heutzutage eingesetzten Altimetern sehr genau bestimmt werden (etwa auf 1-2 cm), wobei eher die genaue Ortsbestimmung des Satelliten selbst Schwierigkeiten bereitet. Das sich abzeichnende Geoid ist Ausdruck des Schwerefeldes der Erde, welches durch Dichteunterschiede von Gestein und Wassermassen beeinflusst wird. Meeresrücken, Gräben und Ebenen von bis zu 8 km Tiefe üben verschiedene Anziehungskräfte auf die Wassermassen aus, so dass sich die Topographie des Meeresbodens an der Oberfläche widerspiegelt und eine auswertbare Signatur hinterlässt. So kann durch Präzisionsmessungen des mittleren Meeresspiegels, bzw. dessen Abweichung von der Kugelgestalt, die Wassertiefe abgeleitet werden.

Bei Fließgewässern verändert sich die Wellenstruktur, wenn ein Wasserkörper über eine Schwelle strömt (s. Abb.).

Vor dem Überströmen einer Erhebung nimmt die Flußgeschwindigkeit an der Oberfläche zu. Dies führt zur horizontalen Divergenz und so einem Auseinanderziehen der Kapillarwellen. Das wiederum führt zu einer Reduktion der Bragg-Streuung (geringere Radarrückstreuung) und somit erscheinen diese Gebiete auf SAR-Bildern dunkler.

Nach dem Überströmen des Hindernisses reduziert sich die Flußgeschindigkeit und es kommt zu horizontaler Konvergenz, die Strömung verlangsamt sich. Dadurch werden die Kapillarwellen zusammengedrückt und die Bragg-Streuung nimmt zu. Durch die erhöhte Radarrückstreuung erscheinen diese Flächen heller. Auf SAR-Bildern ist dies durch den Unterschied der Streucharakteristik der beiden Zonen erkennbar. Dieses Verfahren wird zum Beispiel zur Untersuchung des Watts in Norddeutschland verwendet.

Bodentopographie aus SAR-Messungen sar_topo_crewell Quelle: Grundlagen der Fernerkundung (Universität Köln, R.o.)

Da elektromagnetische Strahlung im Vergleich zu Schallwellen nur wenig in den Wasserkörper eindringt, kann die Tiefe mit deren Hilfe nur in flachen Gewässern bzw. in Küstennähe direkt gemessen werden.

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