Lexikon der Fernerkundung

Aufklärung

Engl. reconnaissance; franz. reconnaissance; im Unterschied zur längerfristig angelegten, kontinuierlichen Überwachung bedeutet Aufklärung die Erlangung von Informationen zu einem zeitlich eng begrenzten Rahmen, in diesem Kontext häufig mit Hilfe von Bildmaterial (Bildaufklärung), das von Satelliten oder luftgetragenen Plattformen beschafft wird. Dabei werden gerade ausreichend Informationen gesammelt, um das Beobachtungsobjekt charakterisieren zu können.

Der kurzzeitige und diskontinuierliche Charakter von Aufklärung kann aber zu bedeutsamen Fehlinterpretationen führen oder zum Ausbleiben von wesentlichen geheimdienstlichen Erkenntnissen. Werden beispielsweise die Bahnparameter eines Aufklärungssatelliten unbeabsichtigt bekannt, kann eine gegnerische Macht die Zeitpunkte des Überflugs berechnen und ihre zu verbergenden Aktivitäten dann durchführen, wenn der Satellit nicht über den Himmel zieht.

Arten der Aufklärung:

Bildaufklärung

Die grundlegende und älteste eingeführte Form der Aufklärung besteht im Anfertigen von Bildern des Zielgebiets. In den Zeiten des Ballons bedeutete dies einen Mann mit Papier und Stift, der Skizzen von feindlichen Befestigungsanlagen machte. Später nahmen Flugzeuge Kameras mit in die Luft. Bis in die 1990er-Jahre war die mit superfeinem Schwarz-Weiß-Film bestückte Kamera das wichtigste Werkzeug der Aufklärung, ehe sie von der elektronischen Bilderfassung abgelöst wurde. Deren wesentlicher Vorteil liegt darin, dass sie in Echtzeit übermittelt werden kann. Infrarotsensoren und Radarsysteme können ebenfalls hochaufgelöste Aufklärungsdaten oder -bilder liefern (siehe Infrarotfotografie, SAR). Mit großen Brennweiten und hochwertigen Objektiven können Spionagesatelliten aus ihrem Orbit Aufnahmen mit einer Auflösung von weniger als 30 Zentimetern aus einer Entfernung von 250 Kilometern machen.

Strategische Aufklärung

Oberstes Ziel eines strategischen Aufklärungssystems ist es, den eigenen Kommandoautoritäten zu ermöglichen, die militärische Stärke einer Zielnation in Friedenszeiten abzuschätzen, und eine solche Aufgabe auch in einem Kriegsfall fortzusetzen. Diese Art von Mission, die über einen langen Zeitraum kontinuierlich ausgeführt wird, ist eher unter dem Begriff Überwachung bekannt.

Strategische Aufklärungsplattformen müssen so viel Information wie möglich über ein möglichst großes Gebiet bei einem einzigen Überflug sammeln; deshalb tendierte man in der Vergangenheit dazu, dafür sehr hoch fliegende Flugzeuge wie die Lockheed U-2, die Lockheed SR-71 ('SR' steht für Strategic Reconnaissance, engl. für Strategische Aufklärung) und die Mikojan-Gurewitsch MiG-25RB einzusetzen. Eine große Flughöhe hat auch den Vorteil einer minimalen Verzeichnung (= optischen Verzerrung) an den Bildrändern.

Seit Jahrzehnten stammt der Großteil der Geheimdienstinformationen, die für strategische Planung verwendet werden, von Satelliten. Die Satellitenbild-Auswerter halten Ausschau nach Indizien für militärische Expansion (etwa große Truppenbewegungen oder Aufstellung neuer Raketenbatterien) und nach militärisch bedeutsamen wirtschaftlichen Veränderungen, etwa Wochenendarbeit in Munitionsfabriken oder Umstellung ihrer Produktion auf Dreischichtenbetrieb. Die USA sammeln mit dem Spionagesystem Echelon riesige Datenmengen. Beide Informationsarten können auch der Wirtschaftsspionage dienen.

Taktische Aufklärung

Es gibt keine scharfe Grenze zwischen strategischer und taktischer Aufklärung. Im Allgemeinen wird taktische Aufklärung im Auftrag des Bodenbefehlshabers ausgeführt und zwar meist von aktuellen Varianten hochleistungsfähiger Flugzeuge wie dem Panavia Tornado und zunehmend von Drohnen. Strategische Systeme können auch für taktische Zwecke verwendet werden: Die SR-71 machten Mach-3-Aufklärungsflüge, um die feindliche Abwehr auszuspionieren, bevor die USA in den 1980er Jahren militärische Kampfhandlungen in Grenada, Libyen und Panama initiierten.

Taktische Aufklärung beinhaltet äußerst selten Überwachung; stattdessen werden die Flugzeuge beauftragt, nachrichtendienstliche Informationen über ein bestimmtes Ziel in einem kurzen Zeitabschnitt zu liefern.

Die technische Ausstattung reicht von (digitalen) Foto-Kameras über Daten- und Sprechfunkantennen, Mikrowellenempfängern bis zu Wärmebildkameras und Radar und weiteren Geräten wie Tonbandgeräten etc.

Siehe auch Stichwort Militärische Fernerkundung


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