Lexikon der Fernerkundung

Astronautenphotographie

Bezeichnung für photographische Beobachtungen der Erde durch den Menschen in einer niedrigen Erdumlaufbahn, im Gegensatz zu unbemannten orbitalen Sensorsystemen. Sie begannen in den 1960er Jahren im Rahmen der Programme der USA und der ehemaligen UdSSR zur bemannten Raumfahrt. Der Wert regelmäßig wiederholter photographischer Beobachtungen der Erde aus dem Orbit wurde durch spätere Langzeitmissionen demonstriert und führte direkt zur Entwicklung unbemannter, multispektraler Orbitalsensoren wie dem Multispectral Scanner und dem Thematic Mapper an Bord der Satelliten der Landsat-Serie. Im Rahmen der Raumstations- und Space-Shuttle-Programme der USA und der UdSSR/Russland wurden kontinuierlich Bilder der Erde aus der Hand aufgenommen. Sie stellen einen reichen Datensatz dar, der sowohl historische als auch aktuelle unbemannte Sensordaten für terrestrische Studien ergänzt.

Erdbeobachtung von der ISS

Die Internationale Raumstation dient wie viele Satelliten als einzigartige Plattform für die Erdbeobachtung, da sie Möglichkeiten bietet, die Ökosysteme der Erde sowohl mit handgeführten als auch mit automatisierten Geräten zu beobachten. Seit die Station im November 2000 in Betrieb genommen wurde, haben Besatzungsmitglieder Hunderttausende von Bildern vom Land, den Ozeanen und der Atmosphäre der Erde und sogar vom Mond produziert. Die Astronauten können Phänomene wie Stürme auf der Erde in Echtzeit aufzeichnen, erwartete und unerwartete Naturereignisse wie Vulkanausbrüche beobachten und Bilder sammeln, während sie sich entfalten, und sogar dem Bodenpersonal Input für die Programmierung automatischer Erderfassungssysteme liefern. Diese Flexibilität bietet einen erheblichen Vorteil gegenüber Sensoren auf robotischen Raumfahrzeugen.

Die ISS befindet sich in einer annähernd kreisförmigen niedrigen Erdumlaufbahn (LEO) mit einer Bahnneigung von etwa 51,6° gegen den Äquator und umrundet die Erde in einer Höhe von gut 400 km etwa alle eineinhalb Stunden in östlicher Richtung. Ihre Geschwindigkeit beträgt dabei bei etwa 28.800 km/h. Auf ihrer nicht sonnensynchronen Umlaufbahn überfliegt die ISS Orte auf der Erde zwischen 52 Grad nördlicher und 52 Grad südlicher Breite zu unterschiedlichen Tageszeiten.

Dies bietet Vorteile gegenüber satellitengestützten Erdbeobachtungssensoren, die sich typischerweise auf polumlaufenden, sonnensynchronen Plattformen befinden, die so konzipiert sind, dass sie denselben Punkt auf der Erde zu ungefähr derselben Tageszeit überfliegen. Die Umlaufbahn der Station ermöglicht nicht nur die Aufnahme von Bildern eines einzigen Ortes aus verschiedenen Winkeln und bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen, sondern erlaubt es den Astronauten auch, seltene und kurzfristige Ereignisse zu erfassen. Dies erweist sich als besonders nützlich für die Untersuchung von Naturkatastrophen, und das ISS SERVIR Environmental Research and Visualization System (ISERV) hat viele solcher Ereignisse aufgezeichnet. Diese Daten sin nützlich bei der Katastrophenhilfe und bei der Bestimmung, wie die Auswirkungen solcher Ereignisse in Zukunft gemildert werden können.

Zusätzlich zu den von den Astronauten aufgenommenen Digitalkamerabildern verfügt die Raumstation aber auch über eine Vielzahl von automatisierten Sensorsystemen und Einrichtungen, sowohl intern als auch extern.

Ein Astronaut an Bord der ISS nahm am 23. Juni 2020 das folgende Foto von aufziehenden Gewitterwolken über Andros Island (Bahamas) auf. Obwohl die ISS zum Zeitpunkt des Fotos über dem südlichen Indiana (fast 1800 km nördlich von Andros Island) vorbeiflog, gelang es der Besatzung, mit einem Teleobjektiv eine scheinbare Nahaufnahme zu machen. Sie fingen Gewitter ein, die sich über der Insel entwickelten, sowie Merkmale des flachen Meeresbodens, bekannt als die Great Bahama Bank.

Wissenschaftler sind sehr an den Staubwolken der Sahara interessiert, weil sie die Entwicklung von Hurrikanen hemmen. Die starken Höhenwinde, die den Staub über große Entfernungen transportieren, können auch die Spitzen der aufkeimenden Stürme effektiv abscheren, bevor sie sich zu Hurrikanen entwickeln. Die trockene Wüstenluft reduziert auch den Feuchtigkeitsgehalt der Luft, auf die sie über dem offenen Ozean trifft. Dies reduziert die Luftfeuchtigkeit, die Wolken bildet und Hurrikane antreibt. Dieses Foto deutet den Unterschied zwischen diesen Luftmassen an: Im Gegensatz zu den Gewittern über der tropischen Insel Andros befindet sich hier nur eine kleine Cumuluswolke innerhalb der Staubmasse.

Afrikanische Staubfahne überdeckt die Karibik

Jenseits der aufziehenden Stürme liegt die trübe grau-braune Fahne einer Staubwolke über der Karibik und dem Atlantik. Der Dunst ist so dicht, dass er die Insel Kuba komplett aus dem Blickfeld des Astronauten verschwinden lässt. Zwei Tage nach der Aufnahme dieses Fotos sahen die Menschen in Kuba, wie die Sonne durch den Staubschleier deutlich verdunkelt wurde. Diese riesige Staubmasse war zehn Tage zuvor von der Westsahara aufgewirbelt worden. Die Staubfahne erstreckte sich von NW-Afrika über den Atlantik, eine Entfernung von mehr als 7000 km.

Das Staubereignis im Juni 2020 gehörte zu den dichtesten über dem Atlantik seit dem Jahr 2000, wie diese Zusammenstellung der monatlichen Staub- und Rauchbelastungen zeigt. In den Jahren 1994 und 2001 fotografierten Astronauten weniger dichte Saharastaubfahnen über der gleichen Region. Das Astronautenfoto ISS063-E-32223 wurde am 23. Juni 2020 mit einer Nikon D5 Digitalkamera und einem 400-Millimeter-Objektiv aufgenommen.

Wissenschaftler sind sehr an den Staubwolken der Sahara interessiert, da sie bekanntermaßen die Entwicklung von Hurrikanen bremsen. Die starken Höhenwinde, die den Staub über große Entfernungen transportieren können, können auch die Spitzen der aufkeimenden Stürme effektiv abscheren, bevor sie sich zu Hurrikanen entwickeln. Die trockene Wüstenluft reduziert auch den Feuchtigkeitsgehalt der Luft, auf die sie über dem offenen Ozean trifft. Dadurch verringert sich die Feuchtigkeit in der Luft, die Wolken bildet und Hurrikane antreibt. Dieses Foto verdeutlicht den Unterschied zwischen diesen Luftmassen: Im Gegensatz zu den Gewittern über der tropischen Insel Andros befindet sich in der Staubmasse nur eine kleine Kumuluswolke.

Afrikanische Staubfahne überdeckt die Karibik Colorinf the Great Salt Lake Quelle: NASA

Die Gruppe für Geowissenschaften und Fernerkundung (Earth Science and Remote Sensing group, ESRS) am Johnson Space Center soll in erster Linie das Programm der Internationalen Raumstation (ISS) unterstützen. Deren Aufgabe ist eine doppelte. Zum einen ist sie für die Leitung und Betreuung der Crew Earth Observations Facility auf der ISS zuständig. Gemeint sind die von der Besatzung per Hand aufgenommenen Aufnahmen der Erde. Zum anderen sollen die ESRS-Mitarbeiter dem ISS-Programm als Fachexperten für Fragen der Fernerkundung dienen.

Obwohl die von der Raumstation aus aufgenommenen Photos bereits durch ihre Schönheit bestechen können, sind sie doch meist aus praktischen Gründen aufgenommen worden. Die Astronautenphotographie ist ein wissenschaftliches Produkt, das allen helfen soll, angefangen von akademischen und staatlichen Forschern über Ressourcenmanager und Naturschutzgruppen bis hin zu Pädagogen und Studenten. Die Photographien dokumentieren Veränderungen in unseren Städten und abgelegenen Ökosystemen, in verschmutzten Gewässern und unberührten Landschaften. Sie dienen der Untersuchung von Stadtentwicklung und Wirtschaft bis hin zu ungewöhnlichen elektrischen Entladungen in der Atmosphäre. Diese Aufnahme werden ferner verwendet, um Fischerboote und Korallenriffe, kalbende Eisberge und riesige Binnendeltas zu beobachten.

Obwohl handgeführte Kameras nicht so präzise wie automatische Aufnahmegeräte sind, stellen sie doch eine sinnvolle Ergänzung dar. Die meisten Satelliten sehen die Welt zur gleichen Zeit und mit der gleichen Auflösung bei jedem Durchgang. Aber jede Umlaufbahn der Raumstation bringt andere Blickwinkel, andere Tageszeiten und eine andere Beleuchtung mit sich. Die Arbeitsgruppe hatte beispielsweise eine Reihe von externen wissenschaftlichen Anfragen nach nächtlichen Bildern verschiedener Städte für Forscher, die sich mit der Lichtverschmutzung befassen und sehen wollen, wie sich diese auf die biologische Vielfalt in ihren Städten auswirkt.

Das ESRS-Team bearbeitet Dutzende von Anfragen nach Bildern, wobei laufend neue eintreffen. Die Spezialisten haben eine lange Liste von vielleicht 50 bis 100 an einem normalen Tag, die sie durchgehen, und das Kriterium, nach dem sie entscheiden, welches Ziel sie am nächsten Tag anfordern werden, ist die Position der ISS. Sie werden die Lichtverhältnisse berücksichtigen, ob es hell genug für Tagesziele oder dunkel genug für Nachtziele ist.

Das Kriterium, nach dem die Spezialisten entscheiden, welches Ziel sie am nächsten Tag anfordern werden, ist die Position der ISS. Sie werden die Lichtverhältnisse berücksichtigen, ob es hell genug für Tagesziele oder dunkel genug für Nachtziele ist. Sobald sie die Ziele haben, die die Besatzung potenziell sehen kann, filtern sie die Auswahl nach dem vorhergesagten Wetter und der Wolkendecke für diese Gebiete. Es hat keinen Sinn, sie nach einem Ziel zu fragen, wenn es nicht sichtbar ist.

Da die Sonne für die ISS alle 90 Minuten neu auf- und untergeht, haben die Astronauten 16 Gelegenheiten zu sehen, was der Planet und seine Bewohner tun. Aber das Leben auf der Raumstation bringt seine eigene Art von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang mit sich. Weltraummediziner geben vor, die Astronauten während ihrer Schlafperiode, die ein Drittel des Tages dauert, um nichts zu bitten. Das sind volle acht Stunden. Aber man kann zwischen sechs Uhr und neun Uhr abends alles verlangen, einschließlich ihrer Aufstehzeit, der Frühstückszeit und des Arbeitstages. Und die Schlafenszeit, die Essenszeit, die Zeit des Zähneputzens. Unter Berücksichtigung der Zeitpläne der Astronauten und der Realisierbarkeit der einzelnen Ziele wählt das Erdbeobachtungsteam für jeden Tag einige Ziele aus.

Das ESRS-Team stellt Führer und Karten zusammen, damit sich die Astronauten schnell orientieren können. Es schickt die Zielpläne zum Payload Operations Center im Marshall Space Flight Center (Das Payload Operations Center bringt erdgebundene Forscher und Entwickler aus der ganzen Welt und ihre Experimente mit Astronauten an Bord der ISS zusammen.), wo die Phototermine überprüft, genehmigt und in den ISS-Arbeitstag eingefügt werden.

Der vielleicht schwierigste Teil der Arbeit für das Erdbeobachtungsteam kommt, nachdem die Astronauten die Kamera abgelegt haben. Jeden Tag werden zwischen 100 und 10.000 Bilder an die Bodenkontrolle geschickt. Sobald die Bilder heruntergeladen sind, werden sie in das ESRS-System aufgenommen, durchgesehen und geprüft, ob sie an die Forscher geschickt werden können. Obwohl Computer heute Teil des Prozesses sind, wurden diese Fotos in den letzten 20 Jahren größtenteils von menschlichen Händen und Augen sortiert. Die Katalogisierung besitzt höchste Priorität. Und mit Katalogisieren ist das Hinzufügen beschreibender Metadaten zum Bild gemeint.

Man arbeitet daran, diese Aufgaben mit Hilfe neuer Software und Computertechniken wie maschinellem Lernen stärker zu automatisieren. Wenn man über Computer verfügt, die gesuchte Merkmale automatisch identifizieren können, dann wird die Bilder-Datenbank wesentlich besser recherchierbar und die Öffentlichkeit kann sie leichter nutzen, Wissenschaftler können genau das finden, wonach sie suchen. Man ist nun dabei, Computer so zu schulen, dass sie bestimmte Merkmale auf dem Land, am Himmel und auf dem Ozean entdecken und bestimmen können. Sie setzen neuronale Netze ein, um Computer dabei zu unterstützen, schnell Fotos mit einem See oder Ozean, dem Rand der Erde oder des Mondes, einem Krater oder einer Stadt zu identifizieren.

Der Große Salzsee in Farbe

Beim Überflug über Nord-Utah nahm ein Astronaut an Bord der ISS am 5. Juli 2020 dieses Foto (Nikon D5, 800 mm) eines östlichen Teils des Großen Salzsees auf. Wasser und Sediment strömen von der Bear River Bay, vorbei an Salzebenen, in den Großen Salzsee. Diese farbenfrohen Salzebenen liegen eingebettet zwischen den Promontory Mountains und einem Industriegebiet im Osten. Ein Großteil des hellen, an die Salzpfannen angrenzenden Gebiets ist ausgetrockneter Seeboden.

Benannt nach der Methode der Mineralgewinnung sind solare Verdunstungsteiche der Schlüssel für die Industrie in diesem Gebiet. Diese flachen, künstlich angelegten Salzpfannen verdampfen langsam das Wasser, wodurch Mineralien auskristallisieren und leichter für den Verkauf planiert, gesammelt und verarbeitet werden können. Die Farbe jeder Salzpfanne, die von blau und grün bis orange und rot reicht, hängt von der Konzentration von Salz, Bakterien und Algen ab. Im Allgemeinen haben blau gefärbte Teiche einen geringeren Salzgehalt als rote oder orangefarbene Teiche.

Der Große Salzsee in Farbe Der Große Salzsee in Farbe

Siehe auch "Utah's Great Salt Lake" (ESA 2020), Great Salt Lake FAQ (NHMU)

Quelle: NASA

Bildungsaspekte

Räumliches Denken wird als eine grundlegende kognitive Fähigkeit betrachtet, und in den letzten Jahren hat sich der Fokus aufgrund verbesserter raumorientierter Geotechnologien verstärkt darauf gerichtet. Die Vermittlung räumlicher Konzepte an Schülerinnen und Schüler unter Verwendung öffentlich zugänglicher Ressourcen ist eine geeignete Methode, um die Fähigkeit zum räumlichen Denken zu steigern. Mehr als 1,5 Millionen Fotos sind über die Website Gateway to Astronaut Photography of Earth öffentlich zugänglich. Eine Studie der Texas State University hat die Wirksamkeit der Verwendung von aus dem Weltraum aufgenommenen Photographien zur Verbesserung des räumlichen Denkens der Schülerinnen und Schüler anhand einer Reihe dieser Photos untersucht.

In dieser Untersuchung wählten die Forscher unkatalogisierte Fotografien aus der Sammlung der Astronauten der Internationalen Raumstation aus und baten Studenten des Kurses "Grundlagen der Fernerkundung", jedes Foto zu interpretieren und es mit Hilfe von "Google Earth" auf der Erde zu lokalisieren. Bei ihrer Interpretation verwendeten sie verschiedene räumliche Grundstrukturen, einfachere räumliche und komplexe räumliche Konzepte. Die Wissenschaftler erkannten und analysierten die Konzepte, die in drei Aufgaben während eines Semesters verwendet wurden, indem sie den Chi-Quadrat-Anpassungsgüte-Test verwendeten, und beurteilten, wie signifikant die Studenten ihre Fähigkeit, verschiedene Arten von räumlichen Konzepten zu verwenden, steigerten oder reduzierten.

Die Wissenschaftler testeten den Nutzen von Astronautenphotos für den Erwerb und die Praxis von Kenntnissen über räumliche Konzepte und untersuchten, ob die Verwendung von Astronautenfotografien in einem Fernerkundungskurs das Verständnis und die Anwendung von übergeordneten räumlichen Konzepten durch die Studierenden unterstützen würde. Ein weiteres Ergebnis dieser Forschung ist ein Leitfaden zur Auswahl geeigneter Photos für die Vermittlung spezifischer Raumkonzepte. Die Ergebnisse zeigen, dass die Schülerinnen und Schüler durch die Arbeit mit der Hälfte der Photos Fortschritte im räumlichen Denken gemacht haben. Die Studienleiter kamen zu dem Schluss, dass man durch die Auswahl eines geeigneten Fotos für die Vermittlung eines bestimmten Raumkonzepts eine Verbesserung der räumlichen Denkfähigkeiten der Studierenden feststellen kann.

Mapping the night

Der ESA-Astronaut Alexander Gerst machte dieses Foto von Europa bei Nacht im September 2018 mit der Bildunterschrift: "Aus dem Weltraum ist es ziemlich klar, dass Europa zusammengehört". Es ist auch ziemlich klar, dass Europa nachts sehr gut beleuchtet ist, vielleicht sogar unnötigerweise.

Übermäßiges künstliches Licht ist als Lichtverschmutzung bekannt und stellt in städtischen Gebieten oft ein Problem dar. Viele Meteoritenschauer sind von der Stadtbevölkerung unbemerkt geblieben, und der durchschnittliche Stadtbewohner kann im Kunstlicht nur sehr wenige Sterne und Sternbilder erkennen. Eine ernsthaftere Problematik der Lichtverschmutzung ist die Energieeffizienz angesichts des Klimawandels. Ein wissenschaftliches Bürgerprojekt hofft, das Problem der Lichtverschmutzung und der Energieeffizienz in Städten durch die Erstellung einer nächtlichen Weltkarte anzugehen. (Cities at night)

Mapping the night Mapping the night Quelle: ESA

Umwelt- und Gesundheitsaspekte

Wenn Astronauten unseren Planeten fotografieren, während sie 400 km über unseren Köpfen kreisen, tun sie viel mehr als nur schöne Bilder zu machen. Sie kümmern sich um die Gesundheit unseres Planeten und letztlich auch um uns. Beispielsweise werden Techniken, die von Astrophotographen bei der Beobachtung von Sternen und in der Weltraumforschung eingesetzt werden, kombiniert, um die Umweltauswirkungen von künstlichem Licht bei Nacht zu messen.

Die einzigen Nachtaufnahmen der Erde in Farbe, die der Öffentlichkeit frei zur Verfügung stehen, sind Bilder, die von den Astronauten der Internationalen Raumstation aufgenommen wurden, sowie einige Farbkomposite des ESA-Satelliten Rosetta. Die NASA verfügt über eine öffentliche Datenbank mit über 1,3 Millionen Farbfotos, die seit 2003 von Astronauten aufgenommen wurden.

Jetzt betrachten Forscher diese nächtlichen Bilder in einem anderen Licht. Ein Team von Wissenschaftlern hat eine Methode zur Klassifizierung der Außenbeleuchtung mit Hilfe von Farbdiagrammen und Kalibrierungstechniken entwickelt. Die sich daraus ergebenden spektralen Informationen, wie z.B. die Farbtemperatur, sind ein nützliches Hilfsmittel zur Beurteilung der Umweltauswirkungen von künstlichem Licht. Forscher der britischen Universität Exeter, die Photographie von der Raumstation mit dem Projekt Cities at night auf eine neue Ebene zu heben. Es soll das Bewusstsein für Lichtverschmutzung schärfen.

Stadtlichter stören nicht nur das Leben nachtaktiver Tiere, die unter Orientierungslosigkeit sowie Verhaltens- und physiologischen Veränderungen leiden, sondern auch das der Menschen. Ein Übermaß an künstlichem Licht vor dem Schlafengehen reduziert die Produktion von Melatonin, einem Hormon, das mit dem Schlaf verbunden ist. Diese Unterdrückung kann zu negativen Auswirkungen auf unsere Gesundheit führen, einschließlich Brust- und Prostatakrebs.

Darüber hinaus sind Straßenlaternen für einen großen Teil des Energieverbrauchs eines Landes verantwortlich.

Wissenschaftler verwenden zur Analyse der Bilder die synthetische Photometrie, eine mathematische Technik, die bei der Identifizierung von Lichtquellen unter verschiedenen Lichtbedingungen und Kameraeinstellungen helfen kann. Die Ergebnisse geben genaue Auskunft darüber, wie Farbe und Helligkeit von Straßenlampen die Melatoninproduktion unterdrücken oder die Sicht auf die Sterne behindern können.

Mailand ist eine perfekte Fallstudie für diese Forschung. Diese italienische Stadt ersetzte 2015 ihre orangefarbenen Natriumdampflampen durch weiße LED-Lampen. Diese Nachtaufnahmen von der Internationalen Raumstation zeigen die Stadt vor und nach dem Umbau. Die Studie beweist, dass die weißeren Lichtquellen schlechter für die lokale Umwelt sind.

Straßenlampen-Vergleich in Mailand Straßenlampen-Vergleich in Mailand Quelle: ESA

Die Forschungen bieten eine Grundlage für die Erstellung von Risikokarten der künstlichen Beleuchtung. Regierungen können diese Informationen nutzen, um die Lichtverschmutzung zu reduzieren. Der nächste Schritt ist, die Tür zur Bürgerwissenschaft / -forschung zu öffnen. Ein zukünftiges Papier wird zeigen, wie jede beliebige Kamera verwendet werden kann, um zu Hause Licht einzufangen und zu analysieren, ob die eingesetzte Glühbirne zu optimalen Schlafmustern beiträgt.

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