Lexikon der Fernerkundung

Vega

Ital. Akronym für Vettore Europeo di Generazione Avanzata („fortgeschrittene Generation einer europäischen Trägerrakete“); neu entwickelte, relativ kleine Trägerrakete von ESA, ASI und CNES zum Transport von Satelliten für Zwecke der Wissenschaft und Erdbeobachtung. Die Rakete hat einen Durchmesser von 3 Metern und ist 30 Meter lang. Sie besteht aus einem einzigen Gehäuse, drei mit Festtreibstoff angefeuerten Stufen, und einem oberen, mit Flüssigtreibstoff angetriebenen Modul zur Lage- und Orbitkontrolle sowie zur Satellitenfreigabe.

Die Leistung der vierstufigen Vega ergänzt die des Schwerlastträgers Ariane 5 und der mittelgroßen Sojus. Sie wurde für eine ganze Reihe von Missionen und Nutzlastkonfigurationen entworfen, so dass man sich gute Chancen am Markt erhofft. Die Konfigurationen reichen von einem einzigen Satelliten bis hin zu einem Haupt- und sechs Mikrosatelliten. Je nach Art und Höhe der vom Kunden gewünschten Umlaufbahn kann die Vega Nutzlasten mit einer Masse zwischen 300 Kilogramm und 2.500 Kilogramm ins All bringen. Als Eckwert gilt die Beförderung einer Masse von 1.500 Kilogramm in eine polare Umlaufbahn in 700 Kilometern Höhe.

An Vega sind insgesamt sieben Nationen beteiligt: Italien (65 %), Frankreich (12,43 %), Belgien (5,63 %), Spanien (5 %), die Niederlande (NIVR, 3,5 %), die Schweiz (EKWF, 1,34 %) und Schweden (0,8 %). Deutschland war bei der Entwicklung nicht beteiligt, da das DLR keinen Markt für einen neuen Träger sah und auf die verfügbaren russischen Träger verwies. Nachdem deren Startpreise stark angestiegen sind, wurde vor dem Jungfernflug angekündigt, sich bei einer Weiterentwicklung zu beteiligen.

Der erste Start wurde am 13. Februar 2012 in Kourou erfolgreich absolviert. Die Nutzlast bestand aus dem 390 kg schweren LARES Satelliten sowie acht Kleinstsatelliten (12,5 kg und 7 mal etwa 1 kg) von insgesamt sechs europäischen Nationen.

Auch der zweite Start am 7. Mai 2013 verlief erfolgreich. Dabei wurden zwei Erdbeobachtungssatelliten, der ESA-Satellit PROBA‑V und der vietnamesische Satellit VNREDSat‑1A, auf unterschiedlichen Bahnen ausgesetzt, womit die Vielseitigkeit des Trägers unter Beweis gestellt wurde. Ebenfalls ins All befördert wurde Estlands erster Satellit, den ESTCube‑1, ein Technologiedemonstrator.

Vega Der VEGA Launcher

Um die VEGA-Startplattform herum wurden vier große Gittertürme errichtet, um die Rakete gegenüber Blitzeinschlägen abzuschirmen.

Die Hauptaufgabe von VEGA ist es, Nutzlasten im Gewicht von 600 kg bis 2.500 kg auf eine niedrige polare Umlaufbahn in Höhen zwischen 300 und 1.500 km zu bringen.

Mit einem Startgewicht von ca. 136 Tonnen (ohne Nutzlast) und einer Länge von ca. 30 Metern gehört VEGA zur Klasse der kleineren Startraketen. Seine ersten drei Stufen haben einen Festtreibstoff (P80, Zefiro 23 und Zefiro 9), die vierte mit der Nutzlast arbeit mit Flüssigtreibstoff.

Neben einer maximalen Nutzlast von 2,5 t trägt Vega bis zu 122 t gefährlicher Substanzen, insbesondere Festtreibstoff.

Quellen: ESA / Arianespace

Der erste Fehlstart einer Vega ereignete sich am 11. Juli 2019 (MESZ) beim Start des Aufklärungssatelliten Falcon Eye 1 für die Streitkräfte der Vereinigten Arabischen Emirate. Es handelte sich um den 15. Vega-Flug.

Am 3. September 2020 nahm Vega mit ihrem ersten Rideshare-Flug den Flugbetrieb wieder auf, wobei im Rahmen des Small Spacecraft Mission Service (SSMS) der Dispenser für kleine Satelliten genutzt wurde. Der SSMS-Dispenser ist eine modulare, leichte Struktur aus Carbonfaser. Sie wurde entwickelt, um mehrere leichte Nutzlasten in den Weltraum zu transportieren und kann bis sehr kurz vor dem Start so konfiguriert werden, dass sie Satelliten in unterschiedlichster Anzahl und von unterschiedlichster Gößen mitnehmen kann. Somit bietet Vega erschwingliche und praktische Startmöglichkeiten für kleine Satelliten, und diese sind nicht länger darauf angewiesen, nur als sekundäre Nutzlasten mit erheblich größeren Satelliten ins All fliegen zu können. Nachdem der Dispenser die Satelliten freigegeben hat, verlässt er den Orbit, um das Erzeugen von Weltraummüll zu vermeiden.

Vega hat bei diesem Start sieben Mikrosatelliten mit einem jeweiligen Gewicht von 15 bis 150 Kilogramm sowie 46 kleinere CubeSats mitgenommen. Sie alle wurden in sonnensynchronen Umlaufbahnen in einer Höhe von 515 bis 530 Kilometern freigegeben. Der letzte Satellit wurde etwa 104 Minuten nach dem Start freigesetzt.

Dabei stammt etwa die Hälfte der Gesamtmasse dieser 53 Satelliten, die Arianespace heute ins All geschossen hat, von europäischen Ländern (acht sind vertreten). Die ESA hat zur Entwicklung von vier dieser Satelliten beigetragen. Bei diesen handelt es sich um den 113 Kilogramm schweren ESAIL-Mikrosatelliten sowie drei CubeSats: SimbaPicasso und FSSCat/Φ-sat-1.

Ein weiterer Fehlstart ereignete sich am 17. November 2020 beim Start der Erdbeobachtungssatelliten Ingenio und Taranis für Spanien bzw. Frankreich. Nach dem Start um 1:52 Uhr UTC arbeiteten die ersten drei Stufen der Rakete plangemäß. Acht Minuten nach dem Start wurde die AVUM-Oberstufe regulär abgetrennt und gezündet. Sofort danach begann sie jedoch unkontrolliert zu taumeln, der Fehler konnte nicht korrigiert werden und die Rakete wich rasch von der vorgesehenen Flugbahn ab, was letztendlich zum Absturz mit Verlust der beiden Satelliten führte. Eine Analyse der Telemetrie-Daten sowie der Produktionsprotokolle für die Oberstufe zeigte, dass die Kabel für zwei Schubvektor-Aktoren verwechselt worden waren. Bis Ende 2021 hatte die Vega 17 von 20 Starts erfolgreich absolviert.

Vega-C (Vega Consolidated)

Bei der neu entwickelten Vega-C wird die erste Stufe P80 durch die verlängerte Stufe P120 ersetzt, die auch als Booster für die Ariane 6 vorgesehen ist. Als zweite Stufe kommt statt der Z23 die neu entwickelte Stufe Zefiro 40 mit größerem Durchmesser zum Einsatz. So soll die Nutzlastkapazität von 1500 kg auf 2200 kg in eine niedrige Erdumlaufbahn erhöht werden. Die Kosten sind dabei ähnlich wie für Vega, sodass mehr Raumfahrzeuge pro Flug mitgenommen werden können – bei erheblich niedrigeren Kosten pro Kilogramm.

Ein Test der P120-Erststufe wurde im Sommer 2018 erfolgreich durchgeführt. Der Zusammenbau der Komponenten der Rakete für den Erstflug VV21 begann am 15. April 2022 als die Erststufe in der Zone de Lancement Vega (ZLV) (französisch „Abschussbereich Vega“) in Kourou ankam. Der erfolgreiche Erstflug war am 13. Juli 2022

Beim ersten kommerziellen Start einer Vega-C-Rakete am 21. Dezember 2022, in Kourou kam es 2,5 Minuten nach dem Abheben zu einer Fehlfunktion eines Triebwerks der zweiten Stufe. Die Rakete kam vom Kurs ab und musste gesprengt werden, zwei Pléiades Neo-Satelliten gingen dabei verloren.

Der Ausfall war auf einen allmählichen Leistungsabfall der Schubdüse des Zefiro-40-Triebwerks zurückzuführen. Die genauere Ursache war laut dem eingesetzten Untersuchungsausschuss eine unerwartete übermäßige thermomechanische Erosion der aus kohlenstofffaserverstärktem Kohlenstoff bestehenden Schubdüsenhalsauskleidung, die von der Herstellerfirma Avio in der Ukraine beschafft wurde. Zusätzliche Untersuchungen ergaben, dass diese wahrscheinlich auf eine mangelnde Homogenität des Werkstoffs zurückzuführen war.

VEGA-C Liftoff (13. Juli 2020) VEGA-C Liftoff (13. Juli 2020)

Die neue Vega-C-Rakete der ESA hob am 13. Juli 2022 um 15:13 Uhr Ortszeit vom europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana zu ihrem Erstflug ab.

Mit neuen ersten und zweiten Stufen und einer verbesserten vierten Stufe erhöht Vega-C die Leistung auf etwa 2,3 t in einer polaren Referenzumlaufbahn von 700 km, gegenüber 1,5 t bei der Vorgängerrakete Vega.

Die Nutzlast von Vega-C für diesen Flug ist LARES-2, eine wissenschaftliche Mission der italienischen Raumfahrtagentur ASI und sechs Forschungs-CubeSats aus Frankreich, Italien und Slowenien.

Quellen: ESA

Ab 2026 wird eine weitere Variante, Vega-E, eine vereinfachte Architektur bieten, indem sowohl die dritte als auch die vierte Stufe der Vega-C durch eine neue kryogene Oberstufe ersetzt werden. Der entscheidende Aspekt von Vega-E ist das in Europa gebaute M10-Triebwerk. M10 verwendet umweltfreundlichere Treibstoffe, nämlich kryogenen Flüssigsauerstoff und Methan, und verfügt über ein hochentwickeltes Druckkontrollsystem, das mehrere Stopps und Neustarts im Weltraum erlaubt. Der Hauptauftragnehmer Avio hat vor kurzem seine erste Hot-Fire-Testreihe abgeschlossen.

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