Lexikon der Fernerkundung

Radarsatellit

Bezeichnung für Satelliten, die mit Radarinstrumenten verschiedener Bauart ausgestattet sind und entsprechend unterschiedliche Aufgabenbereiche abdecken. Eine Reihe von Erdbeobachtungssatelliten, wie RADARSAT, setzen ein Radar mit synthetischer Apertur (SAR) ein, um Informationen über das Gelände und die Landbedeckung der Erde zu erhalten.

Erdbeobachtung

Bei der satellitenbasierten Radar-Fernerkundung werden elektromagnetische Impulse von satellitengestützten Sensoren ausgesandt, die dann die von der Erdoberfläche zurückgestreute Strahlung aufnehmen und verarbeiten. Dabei werden verschiedene Frequenzen (X-Band, C-Band oder L-Band) für unterschiedliche Anwendungsbereiche genutzt. Dieses aktive Verfahren ermöglicht die Erdbeobachtung zu jeder Tageszeit und unter allen Wetterbedingungen. So werden – unabhängig von Beleuchtung oder Bewölkung – unter anderem Konturen sichtbar und die Distanz errechenbar (über die Zeit, die zwischen Senden und Empfangen vergeht).

Die aufgezeichneten Signale stellen eine komplexe Kombination aus Rückstreuintensität und Wellenphasen dar. Diese lassen nicht nur Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Erdoberfläche (Rauigkeit, Feuchtigkeit) zu, sondern ermöglichen auch die Erfassung der Geländehöhe. Die Radarinterferometrie umfasst verschiedene Messverfahren zur vergleichenden Analyse von Bildpaaren und Zeitreihen.

Die klassische differentielle SAR-Interferometrie nutzt Aufnahmen von zwei Zeitpunkten, um Höhenänderungen der Erdoberfläche zu erfassen. Mit den fortgeschrittenen Methoden der interferometrischen Stapelung können Überwachungsaufgaben auch durch die Analyse von Daten ganzer Zeitreihen erfüllt werden. Nach der Reduzierung von Interferenzen ist es möglich, Bodenbewegungen im cm- bis mm-Bereich zu erkennen.

Radarsensoren können je nach Wellenlänge auch durch hohen Pflanzenbewuchs bis in den Boden dringen, wie bei dem links abgebildeten Satelliten Sentinel 1 mit dem sogenannten C-Band Wellenbereich. Dadurch können u.a. Veränderungen der Oberfläche – speziell Bewegungen – im Zentimeter- und sogar im Millimeterbereich wahrgenommen werden.

Die Radartechnologie kann insbesondere für folgende Anwendungen einen Beitrag leisten: Eisbeobachtungen in den Polarregionen, vulkanische Aktivitäten, Erdbeben, Erdrutsche, Überschwemmungen, das Aufspüren von Bodensenkungen und -hebungen sowie das Beobachten von Meeresoberflächen, um Behinderungen durch Meereis und Ölverschmutzungen frühzeitig zu erkennen.

Monitoring von Landveränderungen mit Sentinel-1 Monitoring von Landveränderungen mit Sentinel-1

Sentinel-1 sendet aktiv Radarwellen aus und empfängt anschließend das von der Erdoberfläche zurückgestreute Echo.

ESA-Video:

Monitoring changing land with Sentinel-1

Quelle: ESA

Der Beginn im zivilen Sektor

Der Einsatz von Radarsensoren für die Erdbeobachtung begann mit dem Satelliten Seasat der NASA/JPL, der mit drei verschiedenen Radarsensoren ausgestattet war:

Nach Seasat wurden SARs, Höhenmesser und Scatterometer auf vielen weiteren Weltraummissionen eingesetzt.

Vorteile von Radarsatelliten am Beispiel der militärischen SAR-Lupe-Konstellation

Die fünf Satelliten der SAR-Lupe-Konstellation sind baugleich und umkreisen seit Dezember 2007 die Erde auf einer mittleren Bahnhöhe von 500 Kilometern auf polnahen Umlaufbahnen. Als Nutzlast tragen die Satelliten ein SAR, das die Aufnahme hochauflösender Bilder von nahezu jedem Ort der Erde erlaubt. Anders als bei optischen Systemen hängt die Aufnahmefähigkeit der Satelliten dabei kaum von Wetter- oder Lichtverhältnissen ab. Da Radarsatelliten aktiv elektromagnetische Impulse aussenden, die von Trübungen der Atmosphäre nur wenig beeinflusst werden, liefern sie auch bei Dunkelheit und durch eine dichte Wolkendecke hindurch zuverlässig Bilder. Zudem werden Radarimpulse von Wasser und Metall besonders gut reflektiert, wodurch Infrastruktur, Fahrzeuge und Waffensysteme besonders gut erkannt werden können. In einigen Fällen können sogar durch Bäume, Tarnnetze und die oberste Bodenschicht hindurch Aufnahmen gemacht werden. Ein weiterer Vorteil von Radarsatelliten ist, dass diese auch die Bewegungsgeschwindigkeit von Objekten und Höhenunterschiede im Gelände präzise erfassen können.

Eine Besonderheit der SAR-Lupe-Satelliten ist die Möglichkeit zur Durchführung unterschiedlicher Flugmanöver in Abhängigkeit vom Einsatzszenario: Im sogenannten Strip-Map-Modus nehmen die Satelliten im Überflug (Geschwindigkeit über dem Boden etwa sieben Kilometer pro Sekunde) große Flächen mit moderater Auflösung auf. Diese Bilder liefern in erster Linie einen Überblick über eine gegebene Situation. Zur genauen Beobachtung besonders interessanter Ziele kann von allen Satelliten zusätzlich das sogenannte Spot-Light-Manöver durchgeführt werden. Bei diesem dreht sich der Satellit beim Überflug über das anvisierte Ziel, wodurch er seine Eigenbewegung teilweise kompensiert, die Beleuchtungszeit steigt und in Flugrichtung deutlich höhere Auflösungen erreicht werden können. Eine Drehung des gesamten Satelliten ist notwendig, da die Radarantenne unbeweglich angebracht ist. Die Ausrichtung und Stabilisierung der Satelliten während der verschiedenen Manöver wird durch Reaktionsräder realisiert, die vorhandenen chemischen Triebwerke dienen in erster Linie der Orbitalkontrolle.

Bilderzeugung am Boden

Die SAR-Lupe-Satelliten selbst erzeugen keine für Menschen interpretierbaren Bilder. Die aufgezeichneten Informationen werden lediglich als Rohdaten der Radarechos in Form von Zahlenkolonnen erfasst, auf den Satelliten gespeichert und bei der nächsten Gelegenheit an das Bodensegment in Deutschland übermittelt. Erst durch die Weiterverarbeitung der Rohdaten am Boden entstehen Bildprodukte, die von geschultem Personal analysiert und interpretiert werden können. (OHB 2023)

Weitere Informationen:


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