Lexikon der Fernerkundung

GRACE-FO

Engl. Akronym für Gravity Recovery and Climate Experiment-Follow-On; Folgemission eines Satellitentandems zur im Oktober 2017 beendeten GRACE Mission mit dem Ziel der Generierung hochauflösender Modelle des statischen und zeitvariablen Erdschwerefeldes. Der Start erfolgte am 22. Mai 2018 mit einer Falcon-9-Rakete der Firma SpaceX. An Bord waren außerdem fünf Satelliten für das Kommunikationsnetz Iridium. Die geplante Missionsdauer von GRACE-FO beträgt zunächst fünf Jahre, die bereits im Mai 2023 erreicht. Die endgültige Lebenszeit hängt von zwei Faktoren ab: vom weiteren Verlauf der Sonnenaktivität und dem damit verbundenen Treibstoffverbrauch bzw. der Abnahme der Satellitenbahnhöhe, aber auch vom Zustand der Satelliten und Instrumente selbst.  .

GRACE-FO nutzt im Prinzip die gleiche Technik wie die GRACE Mission - sorgfältige Messung der Abstandes zwischen zwei im gleichen Orbit hintereinander fliegenden Zwillingssatelliten mittels Mikrowellen-Funkstrecke. Damit werden Auflösungen im μm-Bereich (millionstel Meter) erreicht. Zusätzlich trägt jeder Satellit einen geodätischen GNSS-Empfänger, einen Laser Retro-Reflektor (LRR) und ein hochgenaues Akzelerometer zur genauen Bahnbestimmung. Zusätzlich wird ein Laser zur Abstandsmessung eingesetzt.

Die beiden rund zwei mal drei Meter großen Satelliten fliegen in 490 km Höhe in einem Abstand von 220 km hintereinander her und umkreisen die Erde auf einer polaren Umlaufbahn innerhalb von 90 min. Überfliegt der vorausfliegende GRACE-Satellit eine Region mit erhöhter Schwerkraft, so wird er davon ein wenig stärker angezogen als der ihm nachfolgende Satellit. Dadurch ändert sich ihr nomineller Abstand minimal, eben aufgrund unterschiedlicher Massenverteilungen auf der Erde. Aus der fortlaufenden Messung ihres Abstandes lässt sich dann das lokale Schwerefeld berechnen. Die Unterschiede können durch Berge, Grundwasser, Gletscher u.v.m. verursacht werden. Durch die Messung von Änderungen dieser Masseverteilung über einen längeren Zeitraum können z.B. Aussagen über Klimaänderungen oder Änderungen der Grundwasservorräte gemacht werden. Außerdem erstellt jeder der beiden Satelliten täglich bis zu 200 Profile der Temperaturverteilung und des Wasserdampfgehalts in der Atmosphäre und der Ionosphäre zur Verbesserung der Wettervorhersage.

Ground Sampling Distance GRACE-FO

Ein vereinfachtes Beispiel dafür, wie sich der Abstand zwischen den GRACE-FO-Satelliten ändert, wenn sie von der Karibik über Kolumbien und Peru (die eine größere Masse als die Ozeane haben) zum Pazifik fliegen.

Tafel 1: Wenn sich beide Satelliten über dem Ozean befinden, ist der Abstand zwischen ihnen relativ konstant.

Tafel 2: Wenn die vordere Sonde auf Land trifft, wird sie durch die höhere Schwerkraft des Landes von der hinteren Sonde weggezogen, die sich noch über dem Wasser befindet.

Tafel 3: Sobald der zweite Satellit ebenfalls auf das Land trifft, wird auch er in Richtung der höheren Masse und damit in Richtung der führenden Sonde gezogen. Während sich die führende Sonde an der dichteren Landmasse vorbeibewegt, wird sie durch die höhere Schwerkraft des Landes leicht zurückgezogen.

Tafel 4: Wenn sich beide Raumfahrzeuge wieder über dem Wasser befinden, wird das nachfolgende Raumfahrzeug durch das Land abgebremst, bevor es wieder seinen ursprünglichen Abstand hinter dem führenden Raumfahrzeug einnimmt.

Quelle: NASA

Die wesentlichen Missionsziele sind:

  1. Die Weiterführung der Datenerfassung zur genauen Bestimmung des Erdschwerefeldes und dessen Veränderungen (Primärziel).
    Dementsprechend soll GRACE-FO, präzise globale und hochauflösende Modelle des statischen und zeitvariablen Erdschwerefeldes bestimmen. Wie in der GRACE-Mission, basiert dies auf hochgenauen Beobachtungen des Abstandes zwischen den beiden Zwillingssatelliten, die auf einem koplanaren, niedrigen und polaren Orbit fliegen, mit Hilfe eines K/Ka-Band Mikrowelleninstruments.
  2. Die erstmalige Erprobung eines Laser-Ranging-Instruments (LRI) zur laserbasierten Abstandsmessung zwischen zwei Satelliten im Weltall (Sekundärziel).
    Das Laser Ranging Interferometer wird wie das K/Ka-Band Instrument, allerdings wesentlich genauer, die Abstandsänderungen zwischen den beiden Satelliten vermessen und dient damit der Vorbereitung zukünftiger GRACE-ähnlicher Missionen. Die Messgenauigkeit erhöht sich weil die Wellenlänge des Laserlichts kleiner als die der Mikrowellenstrahlung ist. Die Genauigkeit der Lasermessung wird so 20-mal besser sein als die per Mikrowellen.
    Ein weiteres untergeordnetes Ziel ist die Fortsetzung der GRACE Radiookkultationsmessungen.

Die rund 440 Millionen Euro teure Mission wird unter der Leitung der NASA Earth Science Division (ESD) innerhalb des NASA Science Mission Directorate (SMD) und des Earth Systematic Missions Program Office am Goddard Space Flight Center (GSFC) durchgeführt. Dem Jet Propulsion Laboratory (JPL) wurde dabei die Verantwortung für die Realisierung des GRACE-FO Projekts übertragen.

Daneben besitzt die GRACE-FO Mission signifikante deutsche Beiträge, die vom Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) geleitet werden. Diese werden gemeinsam finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), die Helmholtz-Gemeinschaft (HGF), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) (Beistellungen zum LRI) und das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ). Deutschland trägt rund 78 Millionen Euro der Kosten.

Im Auftrag des Jet Propulsion Laboratory der NASA wurden die beiden je 655 Kilogramm schweren GRACE-FO-Satelliten erneut von Airbus D&S in Immenstaad am Bodensee gebaut. Der Missionsbetrieb erfolgt durch das Raumfahrtkontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR/GSOC) im Auftrag des GFZ.

GRACE-C

Die Beobachtung des globalen Wasserhaushalts durch die internationale Nutzergemeinschaft ist für die zukünftige Klimapolitik sehr wichtig. Die dafür benötigten Datensätze müssen langfristig erhoben werden, aber auch die zeitliche und räumliche Auflösung wird sich abhängig von der verfügbaren Technik weiter verbessern. 

Das Erheben der Daten sollte möglichst über mindestens drei Dekaden erfolgen, damit man zuverlässige Statistiken und ein besseres Verständnis der Wechselwirkung zwischen anthropogenem Klimawandel und natürlichen Klimazyklen bekommt.

NASA, DLR und das GFZ realisieren dazu gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) eine GRACE-FO-Nachfolgemission „GRACE-C", die 2028 gestartet werden soll. Die ESA plant für 2032 eine Next Generation Gravity Mission, die in Kombination mit GRACE-C die Doppelpaar-Mission „MAss-change and Geosciences International Constellation (MAGIC)“ für eine erhöhte Auflösung bilden wird.

Die NASA wird, wie bei GRACE-FO, wieder die elektronischen Bauteile des LRI (Laser Ranging Interferometer), die beiden Beschleunigungsmesser sowie Teile der wissenschaftlichen Auswertung bereit stellen. Der Bau der beiden Satelliten wird erneut durch Airbus im Auftrag von JPL/NASA in Deutschland erfolgen. Dadurch ergibt sich nicht nur eine finanzielle „win-win Situation“ für Deutschland, vielmehr sind durch den Nachbau eines erfolgreich betriebenen Missionskonzeptes eventuelle technische, finanzielle und terminliche Schwierigkeiten begrenzt.

Alle GRACE-Einzelpaarmissionen haben den Nachteil, dass die zeitliche Auflösung auf einen Monat und die räumliche Auflösung auf ca. 300 km beschränkt und damit für viele Anwendungen im konkreten Fall relativ ungenau ist. Massentransporte können auch nicht immer eindeutig einem bestimmten Gebiet zugeordnet werden, was nachträglich bei der Datenberechnung korrigiert werden muss. 

Um diese Nachteile des Messprinzips von GRACE-C zu reduzieren, plant die ESA zusätzlich die sogenannte Next Generation Gravity Mission (NGGM). Diese neue Satellitenmission soll die Erde ab etwa 2032 auf einer geneigten Bahn (65–70 Grad Bahnneigung gegenüber dem Äquator) und tiefer (ca. 400 km) als deren Vorgänger umkreisen. Die Beobachtung der nicht-gravitativen Störkräfte soll zusätzlich durch einen etwa zehnmal genaueren Beschleunigungsmesser verbessert werden. Die Kombination beider Doppelpaarmissionen wird die geschilderten Nachteile eines Einzelpaares deutlich reduzieren, so dass zahlreiche neue geophysikalische Anwendungsszenarien realistisch sind. 

Weitere Informationen:


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