Lexikon der Fernerkundung

Geodäsie

Griech. Erdteilung; eine Disziplin der Geowissenschaften mit umfangreichen Anwendungen (angewandte Geodäsie) in der Praxis von Wirtschaft (Ingenieurgeodäsie), Verwaltung und Gesellschaft (Vermessungs-, Karten-, Liegenschaftswesen, Geographische Informationssysteme), das bergmännische Vermessungswesen (Markscheidewesen) und das Seevermessungswesen.

Ein großer Teil der praktischen Aufgaben wird am besten wiedergegeben durch die Definition von F. R. Helmert (1880): "Die Geodäsie ist die Wissenschaft von der Ausmessung und Abbildung der Erdoberfläche", worin auch die kartographische Darstellung und Geoinformationssyteme eingeschlossen sind. Die physikalischen Aspekte kommen besonders in der Aussage von E. H. Bruns (1878) zum Ausdruck: "Das Problem der wissenschaftlichen Geodäsie ist die Ermittlung der Kräftefunktion der Erde", womit das Vektorfeld der Erdschwerkraft, der Resultierenden aus Anziehungs- und Fliehkraft, gemeint ist. Eine wichtige Aufgabe der Geodäsie ist die "Bestimmung der Erdfigur", wobei definiert werden muss, was unter "Erdfigur" verstanden werden soll. Man kann darunter die topographische Oberfläche in ihrer Gesamtheit und Detailliertheit des Reliefs verstehen oder das Geoid als eine ausgewählte Äquipotentialfläche (Niveaufläche) des Erdschwerefeldes. Weitere Möglichkeiten vorwiegend geometrischer Art sind Ellipsoide mit unterschiedlichen Eigenschaften oder Sphäroide als vorwiegend physikalische Modelle.

Das geodätische Meßwesen ist Jahrtausende alt. Es entwickelte sich hauptsächlich aus der Geometrie und schuf selbst viele ihrer Grundlagen; eine andere Wurzel liegt in der mathematischen Geographie. Zu unterscheiden sind bei den metrologischen Aspekten der Geodäsie zwei Grundrichtungen: die mehr physikalische bei der Bestimmung der Parameter des Erdschwerefeldes und die mehr geometrische bei der Ausmessung der Erdoberfläche. Die Methoden zur Bestimmung von Schwerefeldparametern sind Methoden der Gravimetrie, die in ihrer Genauigkeit gesteigert und für globale Anwendung weiterentwickelt wurden. Neue Möglichkeiten erschlossen sich mit der Entwicklung von Absolutgravimetern und Gradiometern sowie von Geräten zum Einsatz in Flugzeugen und auf Schiffen. Äquipotentialflächen der Schwerkraft lassen sich als inverses Problem durch die Lösung von Randwertaufgaben aus geeignet reduzierten gemessenen Schwerewerten ableiten, heutzutage insbesondere auch mit Hilfe der Methoden der Satellitengeodäsie, da die Bahnen der künstlichen Erdsatelliten sowohl Anomalien des Erdschwerefeldes als auch die Lage des Massenmittelpunktes der Erde widerspiegeln und damit dessen Nutzung als Ursprung des globalen geozentrischen Koordinatensystems möglich machen.

Geodäsie - Collage verschiedener Messtechniken

Laser, Gravimetrie, GPS, VLBI (Very Long Baseline Interferometry) Geodäsie - Collage der Messmethoden

Quelle: BKG

Die Erkenntnisse der Geodäsie werden in verschiedener Form abgebildet: als mathematisch-physikalische Modelle, mit Ausdrucksmitteln der Kartographie, zunehmend auch in Dateien und Geographischen Informationssystemen, für die sie zugleich die Raumordnung bereitstellen. Damit bieten sie die Grundlage für räumliche Zuordnungen von Erkenntnissen und Daten zahlreicher Zweige von Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Geodätische Erkenntnisse sind Eingangsgrößen in weitere Erkenntnisprozesse einerseits der Geodäsie selbst und andererseits der benachbarten Geowissenschaften, z.B. Geologie: globale Plattentektonik, Intraplattentektonik, lokale Erdkrustenbewegungen, Geophysik: Massen- und Dichteverteilungen in Erdmodellen, Festerdegezeiten und deren räumliche Anomalien (Viskosität), Erdkrustenbewegungen, Erdrotationsschwankungen und Schwereänderungen als Vorboten bzw. Konsequenzen von Erdbeben, Koppelung zwischen Erdkern- und -mantelrotation, Ozeanographie: Struktur von Äquipotentialflächen der Schwerkraft und Relief in Meeresgebieten.

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