Lexikon der Fernerkundung

ENSO und Fernerkundung

Das gekoppelte Ozean-Atmosphärensystem von El Niño und La Niña, die zusammen als El Niño / Southern Oscillation (ENSO) bekannt sind, ist neben dem durch den Klimawandel verursachten Erwärmungstrend die treibende Kraft für erhebliche Schwankungen der globalen Temperatur und Niederschläge.

El Niño tritt alle paar Jahre auf, wenn sich die Passatwinde abschwächen, so dass sich das warme Wasser im westlichen Pazifik nach Osten verlagern kann, was Veränderungen der Windmuster und der Ozeandynamik mit sich bringt. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf das Wetter in der ganzen Welt haben und unter anderem zu Veränderungen in Ökosystemen und Fischerei, Dürren, Überschwemmungen und Stürmen führen.

Da Gesellschaften und Ökosysteme stark betroffen sind, sind die Überwachung und Vorhersage von ENSO von großer Bedeutung für unser Wohlergehen und unsere Nachhaltigkeit. Daher wurden in den letzten drei Jahrzehnten enorme Ressourcen und Anstrengungen in die ENSO-Forschung gesteckt.

Anomalien der Meeresoberflächentemperaturen Mai 2022 vs. Mai 2023  Anomalien der Meeresoberflächentemperaturen Mai 2022 vs Mai 2023

Das Bild zeigt die Meeresoberflächentemperaturen im Mai 2022 und Mai 2023 im Vergleich zu einem Referenzzeitraum 1985-1993. Die Temperatur des Oberflächenwassers unserer Ozeane hat im Frühjahr einen neuen Rekordwert erreicht. Angesichts des sich im Mai 2023 abzeichnenden El Niño ist zu befürchten, dass wir bald mit noch schlimmeren Extremen konfrontiert sein werden.

Quelle: ESA

Die Beobachtung von Veränderungen der Temperatur und der Höhe der Meeresoberfläche zusammen mit den Oberflächenwindmustern, die sich aus den Wechselwirkungen zwischen dem Ozean und der Atmosphäre ergeben, hilft, die Mechanismen zu verstehen, die El Niño-Ereignisse auslösen.

Über die Jahre entstand ein immer weiter entwickeltes Beobachtungssystem, aktuell das Tropical Pacific Observing System 2020 aus mehr oder weniger gut koordinierten Fernerkundungskomponenten sowie in situ-Komponenten wie Oberflächendriftern, Gezeitenpegeln, profilierenden Argo-Treibbojen, Bathythemographen u.w.

Satelliten in der Erdumlaufbahn sind für die Bereitstellung der Daten für diese Art von Forschung von entscheidender Bedeutung, da der tropische Pazifik, in dem El Niño auftritt, so groß ist, dass er nur schwer zu überwachen ist. Wissenschaftler auf der ganzen Welt nutzen die Daten von Copernicus Sentinel-3, die Referenzmessungen der Oberflächentemperatur zusammen mit Daten zur Höhe der Meeresoberfläche liefern. Sie verwenden auch Copernicus Sentinel-6, der uns die genauesten Messungen der Höhe der Meeresoberfläche liefert. Wenn sich das Meerwasser erwärmt, dehnt es sich aus - eine der Hauptursachen für den Anstieg des Meeresspiegels.

Die von der ESA gebaute und von Eumetsat betriebene Mission Copernicus Sentinel-3 ist einzigartig, da sie von ein und derselben Satellitenplattform sowohl die globale Meeresoberflächentemperatur als auch die Meeresoberflächenhöhe misst. Die Mission besteht aus zwei identischen Satelliten, die jeweils dieselbe Instrumentengruppe an Bord haben - eines davon ist das Radiometer für die Temperatur der Meeres- und Landoberfläche, das täglich die globale Meeresoberflächentemperatur mit einer Genauigkeit von mehr als 0,3 K misst. Das andere ist ein Radaraltimeter, der die Höhe der Meeresoberfläche, die signifikante Wellenhöhe und die Windgeschwindigkeit misst. Darüber hinaus können Wissenschaftler mit dem Ocean and Land Colour Imager die biologischen Signaturen im Ozean untersuchen, die durch El Niño verändert werden.

Das Radiometer von Sentinel-3 wird vom Committee on Earth Observation Satellites (CEOS) im Rahmen seiner Sea Surface Temperature Virtual Constellation genutzt, um Phänomene wie El Niño und La Niña, Meeresströmungen und den Wärmeaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre besser zu verstehen. Sentinel-6 ist der Referenzhöhenmesser, mit dem die Daten anderer Satellitenhöhenmesser homogenisiert werden, um alle 10 Tage den Meeresspiegelanstieg zu messen. Wichtig ist, dass die Daten von beiden Missionen nahezu in Echtzeit geliefert werden.

Die ESA baut derzeit zwei weitere Sentinel-3-Satelliten, Sentinel-3C und Sentinel-3D, um die Kontinuität dieser Messungen zu gewährleisten. Mit Blick auf die Zukunft entwickelt die ESA auch die Nachfolgemission Copernicus Sentinel-3 Next Generation. Ein zweiter Sentinel-6-Satellit befindet sich derzeit im Lager und soll in den nächsten Jahren gestartet werden, um die Aufzeichnung des Meeresspiegels fortzuführen.

Da die Meeresoberflächentemperatur eine wichtige Klimavariable ist, speist die ESA-Initiative zum Klimawandel die Daten von Sentinel-3 auch in ihr Projekt zur Temperatur der Meeresoberfläche ein.

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