Lexikon der Fernerkundung

Cluster II

Mission der ESA zur Untersuchung der Interaktion zwischen der Sonne und der irdischen Magnetosphäre. Die von der Sonne ausgesandten energiereichen Teilchen, der sogenannte Sonnenwind, haben erhebliche Auswirkungen auf das Leben auf der Erde.

Die Sonne ist nicht nur die Quelle des Lichts und der Wärme, von ihr geht auch ein kontinuierlicher Teilchenstrom aus, der Sonnenwind. Diese im Wesentlichen aus Protonen und Elektronen bestehende Strahlung wäre, wenn sie bis zur Oberfläche der Erde gelangen würde, in hohem Maße lebensfeindlich. Dass dies nicht geschieht, ist dem Erdmagnetfeld zu verdanken, das einen Hohlraum um die Erde herum schafft, in den der Sonnenwind nicht eindringen kann, sondern den er umströmen muss. Dieser Bereich wird Magnetosphäre genannt.

Insbesondere sollen die rapiden Änderungen untersucht werden, die in der Magnetosphäre vor sich gehen, wenn Sonnenwinde eine große Anzahl von elektrisch geladenen Partikel wie Protonen und Elektronen zur Erde bringen. Durch simultane Messungen haben sie inzwischen die erste dreidimensionale Detailstudie der Veränderungen und Prozesse erstellt, die sich im erdnahen Weltraum abspielen.

Künstlerische Darstellung
der vier Cluster II-Satelliten clusterquartet_lres Quelle: DLR

Bisherige Magnetosphären-Missionen ließen es nicht zu, zeitliche Änderungen von räumlichen Variationen zu unterscheiden. Um diese Trennung zumindest in einer ersten Näherung zu ermöglichen, braucht man mindestens vier nicht in einer Ebene liegende Messpunkte, also eine Gruppe von vier Satelliten mit identischer Instrumentierung. Mit Cluster II wird diese Möglichkeit zum ersten Mal eröffnet. Ziel der Mission ist es, die Vorgänge an den Grenzschichten im Detail zu untersuchen.

Die vier identischen Satelliten der Mission mit jeweils elf Instrumenten an Bord wurden von den wissenschaftlichen Einrichtungen der verschiedenen ESA-Mitgliedsstaaten entwickelt. Sie wurden im Sommer 2000 (Salsa und Samba im Juli, Rumba und Tango im August) von zwei russischen Sojus-Trägerraketen (von Starsem) vom kasachischen Kosmodrom Baikonur aus auf stark elliptische Polarumlaufbahnen zwischen 19.000 und 119.000 Kilometer Höhe eingeschossen. Die Satelliten bewegen sich in einer tetraedischen Formation, d.h. in Form einer dreiseitigen Pyramide und realisieren damit die erste präzise, dreidimensionale Studie der Änderungen und Prozesse, die sich um die Erde abspielen.

Ursprünglich sollten die vier Cluster-Satelliten während des Jungfernfluges Trägerrakete Ariane 5 im Juni 1996 in die Umlaufbahn gebracht werden, doch der Start misslang. Ein fehlerhaftes Programm im Bordrechner bewirkte, dass die Rakete beim Aufstieg so starken aerodynamischen Lasten ausgesetzt war, dass sie auseinander brach und gesprengt werden musste. Mit der Rakete ging auch die Nutzlast verloren, und das Ende der Cluster-Mission schien besiegelt. Bei der Wiederaufnahme des einzigartigen Cluster-Projektes fungierte Astrium als Hauptauftragnehmer für die Entwicklung und den Nachbau.

Die Gesamtlebensdauer der Cluster II Mission war ursprünglich von Februar 2001 bis Dezember 2005 vorgesehen. Inzwischen hat die ESA nach einer Revision im Jahr 2012 eine weitere Verlängerung bis Dezember 2014 bestätigt. Im Februar 2023 sind die Satelliten noch immer aktiv.

CLUSTER-Orbit Hochgeschwindigkeits-Plasmaströme mit unbekannter Herkunft

Die vier Cluster-Satelliten umkreisen die Erde in einer pyramidalen Konfiguration entlang eines nominalen polaren Orbits von 4 × 19.6 Erdradien (1 Earth radius = 6380 km). Das Bild zeigt die Konfiguration am 17. März 2007.

Quelle: ESA
Solar Windscreen Sonnenwind formt die Magnetosphären von Erde und Venus

Künstlerische Darstellung, die veranschaulicht, wie der Sonnenwind die Magnetosphären von Venus (brauner Schweif, näher bei der Sonne) und Erde (blauer Schweif). Beide Planeten haben ungefähr die gleiche Größe. Venus befindet sich näher bei der Sonne bei ca. 0,7 AU (Astronomical Unit), wohingegen die Erde bei 1 AU positioniert ist. Im Unterschied zur Venus hat die Erde ein internes Magnetfeld, das seine Magnetosphäre vergrößert. Die von der Sonne wegführenden Linien symbolisieren die Ausbreitungsrichtung des Sonnenwindes.

Quelle: ESA

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