Lexikon der Fernerkundung

Vektordatenmodell

Ein Vektor(daten)modell ist eine Abstraktion der realen Welt, in der räumliche Elemente repräsentiert werden in Form von Punkten, Linien und Polygonen. Diese sind geographisch referenziert bezüglich eines Koordinatensystems.

Im Vektormodell wird die Geometrie eines Geoobjektes durch Koordinaten auf der Basis eines eindeutigen räumlichen Bezugssystems angegeben (Lagekoordinaten in einem metrischen Bezugskoordinatensystem). Die Koordinaten kennzeichnen Einzelpunkte sowie Anfangs- und Endpunkte von gerichteten Strecken, d.h. von Vektoren. Auch die Einzelpunkte sind als Vektoren zu verstehen, deren Anfangspunkt im Ursprung des Koordinatensystems liegt. Bei Darstellung von Geoobjekten in diesem sog. Vektormodell werden letztlich nur Punkte erfasst! Die gesamte geometrische Information basiert auf Vektoren bzw. Koordinatenangaben in einem (kartesischen) Koordinatensystem. Linien- und flächenhafte Strukturen müssen aus Punkten bzw. Vektoren aufgebaut werden. Hierdurch werden sämtliche Geometrien diskretisiert.

Die Darstellung von punkthaften Objekten wie z.B. Bäumen ist eindeutig. Linienhafte Objekte wie z.B. Straßenseitenlinien oder Straßenmittellinien sowie auch sehr abstrakte Untersuchungseinheiten wie Gemeindegrenzen werden in Folgen von Vektoren zerlegt. Von flächenhaften Objekten wie z.B. Gebäuden oder Wasserflächen werden die Umrisslinien erfasst. Eine kurvenförmige Linie wird dabei in der Regel durch einen Linienzug aus geraden Streckenabschnitten angenähert. Im Vermessungswesen wird jedoch die Verbindung häufig auch durch Kurven beschrieben (u.a. Angabe eines Kurvenradius z.B. bei der Darstellung von Straßenkurven). Die Anfangs- und Endpunkte dieser Streckenabschnitte sind stets Koordinaten in einem Bezugssystem, d.h. sog. Vektoren (Vektormodell, Vektorgraphik). Diese Koordinaten werden letztlich als Zahlenwerte kodiert. Die Art der Verbindung, d.h. Farbe, Breite oder Form der Linie oder auch die Ausgestaltung als Gerade oder Kurve mit einem bestimmten Radius, wird ebenfalls durch Zahlenwerte kodiert.

Bei einem Vergleich von Vektor- und Rasterdatenmodell zeigen sich keine eindeutigen Vor- und Nachteile. Grundsätzlich können Fragestellungen sowohl mit dem Vektor- als auch mit dem Rastermodell bearbeitet werden. Die beiden Modelle stehen sich nicht konträr gegenüber, vielmehr werden Vektor- und Rastermodell gleichermaßen benötigt.

Gegenüberstellung von Vektor- und Rastermodell (nach de Lange 2013)
  Vektormodell Rastermodell
Vorteile
  • hohe geometrische Genauigkeit
  • eindeutige Objektbeschreibung
  • geringe Datenmengen
  • größere Ähnlichkeit der graphischen Präsentation mit traditionellen Karten
  • einfache Datenstrukturen
  • geringer Aufwand bei Erfassung der Geometrie und Topologie
  • kompatibel mit Fernerkundungs- und Scannerdaten
  • einfaches Überlagern und Verschneiden von Geoobjekten
  • einfache logische und algebraische Operationen
Nachteile
  • komplexere Datenstrukturen
  • aufwendige Erfasung von Geometrie und Topologie
  • aufwendige und rechenintensive logische und algebraische Operationen (u.a. Überlagerung und Verschneidung)
  • parallele geometrische und topologische Beschreibung der Geoobjekte
  • keine Form- und Lagetreue der Geoobjekte
  • höherer Speicheraufwand
  • kleine Pixelgröße mit explodierenden Datenmengen für höhere Genauigkeitsanforderungen
  • weniger zufriedenstellende graphische Präsentation (unabhängig von der Pixelgröe)
  • aufwendige Koordinatentransformationen

Das Vektormodell eignet sich aufgrund der höheren Genauigkeit und Eindeutigkeit für das Vermessungs- und Katasterwesen bzw. in der Infrastrukturplanung sowie generell für großmaßstäbige Untersuchungen. Gerade in der Umweltplanung sind Geoinformationssysteme (auf Vektorbasis) inzwischen Standardwerkzeuge geworden (z.B. Altlasten- oder Biotopkataster).

Demgegenüber ist das Rastermodell zum Standard für kleinmaßstäbige Anwendungen und für großräumige Überblicke sowie für Anwendungen der digitalen Bildverarbeitung geworden, was sich aufgrund der Datenbasis in Form von Rasterdaten beinahe zwangsläufig ergibt. Das Rastermodell ist ferner besonders für Probleme geeignet, die die Modellierung von räumlichen Ausbreitungsprozessen betreffen. Wichtige Anwendungsgebiete sind z.B. die Modellierung von Emissionen von punktförmigen Emittenten (Punktquellen wie Schornsteine) oder die Modellierung von Wasserabflüssen (auf einer Oberfläche), die Darstellung und Berechnung von Erosionserscheinungen oder die Ausbreitungsmodellierung von Umweltgiften im Boden oder Wasser. Aufgrund einer einheitlichen Raumbezugsbasis und leicht zu handhabender Nachbarschaftsbeziehungen lassen sich Ausbreitungsrechnungen leichter durchführen, bei denen sich ein Wert für eine Rasterzelle aus den Werten der Nachbarzellen errechnet. Eine Bewertung der beiden Modellvarianten ist somit nur vor dem Hintergrund des jeweiligen Einsatzbereiches zu sehen.


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