Lexikon der Fernerkundung

LISA Pathfinder

LISA Pathfinder war ein Forschungs- und Erprobungssatellit der ESA zum Test der Messgeräte und Technologien für die im Jahr 2034 geplante Mission LISA (Laser Interferometer Space Antenna). Der In-Orbit-Demonstrator LISA Pathfinder enthielt bahnbrechende Instrumente und Technologien. Mit dem Satelliten wurden Techniken zum Nachweis von Gravitationswellen erprobt, dazu war es nötig dass Testmassen in einem bisher nicht gekannten Maße gegeneinander bewegungslos sind. Hauptziel war die Demonstration, dass die angewendete Technik und Messmethode in der Praxis funktioniert. Dieses Ergebnis war nicht erreichbar durch Tests und Simulationen am Boden oder in einer erdnahen Umlaufbahn, sondern ausschließlich durch eine Raummission zu einem Punkt, an dem das Erdgravitationsfeld aufgehoben ist.

Um einen Betrieb von LISA Pathfinder möglichst unabhängig von mechanischen, elektrischen und thermischen Störungen zu gewährleisten („drag-free“), wird das Science Modul der Mission nach dem Erreichen seiner Betriebsposition im Lagrangepunkt L1 (Abstand von ca. 1,5 Mio km von der Erde) vom Antriebsmodul getrennt.

LISA Pathfinder

Wissenschaftsmodul (l), abgetrenntes Antriebsmodul (r)

LISA-PF_Module Quelle: DLR

Um mit LISA Gravitationswellen nachzuweisen, mussten die Instrumente Gravitationsänderungen in der Größenordnung von 10-16 g und Entfernungsänderungen in einer Größenordnung von 10-12 m in einem Frequenzbereich von 0,001 bis 0,1 Hz erfassen. Bei LISA Pathfinder begnügte man sich mit einer um eine Größenordnung geringeren Messgenauigkeit. Während LISA Distanzmessungen zwischen Satelliten durchführen wird, die etwa 5 Millionen Kilometer voneinander entfernt sind, sollte LISA Pathfinder den Abstand zweier Referenzkörper (etwa 40 cm) innerhalb des Satelliten messen.

Als Messinstrument war dazu ein 64×38×38 cm großes und 150 kg schweres Technologietestgerät an Bord des Satelliten installiert, das im Wesentlichen aus einer speziellen optischen Bank und diversen Mess-, Steuerungs- und Kontrollsystemen besteht. Diese enthält zwei Vakuumbehälter und jeweils eine würfelförmige Testmasse aus einer Gold-Platin-Legierung mit 46 mm Kantenlänge, welche bei der Messung darin frei in einem Abstand von etwa 40 cm schweben. Hauptnutzlast ist ein Laserinterferometer, welches den Abstand der beiden Würfel bestimmt. Das Laserlicht wird über zwei Glasfasern in die Bank eingespeist. Zur exakten Lageregelung des Satelliten werden sehr schwache elektrische Triebwerke (Field Emission Electric Propulsion) mit Cäsium als Antriebsmedium und einer Schubkraft von 0,1 bis 150 µN eingesetzt.

Das LTP besteht aus zwei etwa 40 Zentimeter voneinander entfernten Vakuumbehältern (s. Abb.), die jeweils eine würfelförmige Testmasse enthalten. Diese Testmassen wurden während des Betriebs von LISA Pathfinder kontrolliert freigegeben und die Abweichungen von ihrem (nahezu) kräftfreien Schweben mittels interferometrischen Messtechnik (Interferometer zwischen den Behältern) hochgenau vermessen.

LISA Pathfinder Technology Package (LTP) LISA Pathfinder Technology Package (LTP) Quelle: DLR

EADS Astrium (heute Airbus D&S) wurde von der europäischen Weltraumorganisation für den Bau des Satelliten ausgewählt und war für die Lieferung des startbereit integrierten Satelliten verantwortlich. Das Projektmanagement lag bei Astrium Ltd. in Stevenage, Großbritannien. Astrium in Deutschland wurde zum Systemführer für eines der beiden Instrumentenpakete der Mission ernannt, dem von den europäischen Instituten und der ESA gestellten LISA Technoogy Package (LTP).

Der Satellit wurde am 3. Dezember 2015 mit einer Vega-Rakete gestartet und sollte ursprünglich 12 Monate lang Messgeräte für die spätere Mission LISA testen. Die wissenschaftliche Phase begann am 8. März 2016 und dauerte nahezu 16 Monate.

Im Juni 2016 gab die ESA die Ergebnisse der ersten zwei Monate des wissenschaftlichen Betriebs bekannt – die erzielte Messgenauigkeit übertraf die Anforderungen um das Fünffache, und ist bereits nahe an den geplanten Anforderungen für LISA.

Im Dezember 2016 begann nach zwischenzeitlichen Tests eines neuartigen Antriebs eine zweite Phase wissenschaftlichen Betriebs,die dem besseren Verständnis des Systems und damit möglicher Reduktion von Störsignalen diente. Primär ging es dabei um zwei Rauschquellen. Im Februar 2018 veröffentlichte die ESA die finalen Ergebnisse; die Messgenauigkeit konnte durch das zwischenzeitliche Entweichen störender Luftmoleküle und das bessere Verständnis von Störquellen nochmals gesteigert werden und übertrifft nun auch die für die eigentliche LISA-Mission anvisierte Messgenauigkeit.

Im April 2017 wurde ein vorläufiges Deorbit-Manöver durchgeführt, das die Sonde in einen heliozentrischen Friedhofsorbit transferiert. LISA Pathfinder erfasste noch bis zum 30. Juni 2017 Daten und wurde am 18. Juli 2017 deaktiviert.

LISA soll voraussichtlich 2034 gestartet werden und als Weltraumobservatorium niederfrequente Gravitationswellen im Frequenzbereich von weniger als 0,1 Millihertz bis zu 0,1 Hertz beobachten.

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