Lexikon der Fernerkundung

Kondensstreifen

Durch Abgase von Flugzeugen, aber auch von Schiffen hervorgerufene wolkenartige, gelegentlich den ganzen Himmel überziehende Streifen in großer Höhe (Mitteleuropa: Winter >8 km, Sommer >10 km). Der Hauptfaktor für ihre Entstehung ist die Abkühlung der bei der Kraftstoffverbrennung freigesetzten Abgase, die einen hohen Wasseranteil enthalten und zusätzlich Kondensationskerne liefern. Der Wasserdampf kondensiert zuerst zu Wolkentropfen, die dann sehr schnell zu Eiskristallen gefrieren oder direkt zu Eis sublimiert.

Kondensstreifen haben daher manchmal cumuliförmige Ansätze wie Cirrocumulus, oft jedoch glatte oder zerfasernde Ränder, die typisch für Eiswolken wie Cirrus bzw. Cirrostratus sind. Kondensstreifen können in Abhängigkeit von der Feuchtigkeit in der Flughöhe einige Minuten bis mehrere Stunden lang den Himmel überziehen, an einzelnen Tagen auch bis zu 10% der Himmelsfläche.

Die Langlebigkeit der Kondensstreifen, wird stark durch die Gegebenheiten der Atmosphäre und insbesondere deren Schichtungsstabilität beeinflusst. An erster Stelle steht die Temperatur, da bei etwa -40 °C eine obere Grenze für die Herausbildung von Kondensstreifen besteht. Der genaue Wert hängt von zahlreichen Faktoren wie der Art des Treibstoffs oder der Luftfeuchte ab, wobei trockene Luft dazu führt, dass sich die Kondensstreifen gar nicht erst ausbilden oder sich recht schnell wieder auflösen. Dies ist bei etwa 80 % der Kondensstreifen mit einer Lebensdauer von unter einer bis wenigen Minuten der Fall. Bei feuchter Luft kann diese hingegen mehrere Minuten bis Stunden betragen, was ein Anzeichen für eine Wetterverschlechterung ist.

Als Beispiel führt uns der Copernicus-Satellit Sentinel-3A in folgendem Bild über den Atlantischen Ozean in der Nähe von Spanien und Portugal, wo der Himmel nicht nur Wolken, sondern auch kreuz und quer verlaufende Spuren von Seeschiffen aufweist.

Die bekannten Kondensstreifen (contrails), die wir am Himmel sehen, stammen normalerweise von Flugzeugen, so dass es seltsam erscheinen mag, dass auch Schiffe gelegentlich ihre Spuren am Himmel hinterlassen können. Dieser selten gesehene maritime Rollentausch bei Kondensstreifen wurde am 16. Januar 2018 von Sentinel-3A erfasst. Diese als Schiffsspuren bekannten schmalen Wolkenstreifen entstehen, wenn Wasserdampf um kleine Partikel kondensiert, die Schiffe in ihren Abgasen ausstoßen. Sie bilden sich typischerweise, wenn tiefliegende Schicht- und Kumuluswolken vorhanden sind und wenn die Luft um das Schiff herum ruhig ist.

Wie das Bild zeigt, kreuzen sich mehrere Schifffahrtswege vor der Küste Spaniens und Portugals. Obwohl die Straße von Gibraltar eine stark befahrene Schifffahrtsstraße mit zahlreichen Schiffen ist, die im Mittelmeer ein- und ausfahren, sind hier im Bild keine Schiffsspuren zu sehen. Die meisten Spuren liegen mehrere hundert Kilometer vor der Küste.

Atlantic ship tracks

Atlantic Ship Tracks

Wie Kondensstreifen von Flugzeugen können auch Schiffsspuren eine Rolle für unser Klima spielen, indem sie die Menge des Sonnenlichts, das die Erdoberfläche erreicht, verringern oder umgekehrt die Sonnenstrahlung in unserer Atmosphäre einfangen, aber dies ist ein unsicherer Aspekt der Klimawissenschaft.

Der Copernicus-Satellit Sentinel-3A trägt eine Reihe von Sensoren, darunter ein Ozean- und Landfarbeninstrument (OLCI), das zur Aufnahme dieses Bildes verwendet wurde.

Quelle: ESA

Aus Kondensstreifen können sich gewöhnliche Cirruswolken bilden, deren Ursprung aus Kondensstreifen dann nicht erkennbar ist. Auch können die sonstigen Aerosolpartikel der Flugzeugabgase noch über Tage und vergleichsweise großräumig die Wolkenbildung verstärken.

Die künstlichen Kondensstreifen bedecken einen kleinen Teil des Himmels und reduzieren damit durch Reflexion an ihrer Oberseite tagsüber die Sonneneinstrahlung. Andererseits reduzieren sich durch die Reflexion der terrestrischen Ausstrahlung auch die natürliche Abkühlung der Erde, tragen also zur atmosphärischen Gegenstrahlung bei und beeinflussen damit die Albedo der Erdoberfläche. Zudem können sie auch die Kondensation natürlich vorhandenen Wasserdampfes stimulieren. Es wird daher vermutet, dass das Klima durch die Kondensstreifen des Flugverkehrs beeinflusst wird. Die Stärke dieses Effekts und seine Rolle in Bezug auf die globale Verdunkelung bzw. auch globale Erwärmung sind bisher noch weitestgehend unbekannt, es wird jedoch lokal ein Einfluss auf die Globalstrahlung von bis zu 2 W/m2 geschätzt.

Von großer Bedeutung sind auch chemischen-physikalischen Eigenschaften der Abgase, sowie die Höhe ihrer Freisetzung. Die Wirkung der hier freigesetzten Abgase ist eine gänzlich andere als am Boden, da die Atmosphärenchemie hier unter anderem aufgrund der selteneren Niederschläge und deren Auswaschungseffekten wesentlich empfindlicher auf äußere Einflüsse reagiert.

Da die Stratosphäre bzw. die obere Troposphäre auch zunehmend stärker in den Fokus der Klimaforschung gerät, wird in diesem Zusammenhang auch der Luftverschmutzung durch den Flugverkehr eine immer entscheidendere Rolle zuteil.

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