Lexikon der Fernerkundung

Change Detection

Engl. für Veränderungsdetektion, -erkennung; Verfahren der Fernerkundung zur Erfassung und Kartierung von Veränderungen des Zustandes der Erdoberfläche oder von dort befindlichen Objekten bzw. Phänomenen durch den Vergleich multitemporaler Bilddaten. Die Erfassung und Kartierung dieser von unterschiedlichen Aufnahmezeitpunkten abgeleitete Veränderungen kann dabei sowohl visuell erfolgen (visuelle Bildinterpretation) als auch unter Zuhilfenahme von Verfahren der digitalen Bildverarbeitung.

Das Beispiel Aralsee

Die Umleitung von Zuflüssen hat dazu geführt, dass der Aralsee in Zentralasien in den letzten fünf Jahrzehnten erheblich geschrumpft ist. Er ist in mehrere kleinere Seen zerfallen und hat eine riesige Wüste und eine Vielzahl von ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen hinterlassen.

Obwohl die Bewässerung die Wüste zum Blühen brachte, zerstörte sie den Aralsee. Die folgende Bilderserie des Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer (MODIS) auf dem NASA-Satelliten Terra dokumentiert die Veränderungen. Ergänzt wird die MODIS-Serie durch die SW-Aufnahme eines Spionage-Satelliten aus der Reihe ARGON KH-5, allerdings mit mäßiger Aufklösung.

Zu Beginn der Serie im Jahr 2000 war der See bereits ein Bruchteil seiner Ausdehnung von 1960 (gelbe Linie). Der nördliche Aralsee (manchmal auch Kleiner Aralsee genannt) hatte sich vom südlichen (Großen) Aralsee getrennt.

Jüngste Sanierungsmaßnahmen zeigen, dass sich die Fischereiindustrie im heutigen Nord-Aralsee wieder erholt hat, was möglicherweise auf eine Wende zum Besseren hindeutet, aber dies ging auf Kosten des Süd-Aralsees. Auch wenn der Wasserstand des Aralsees möglicherweise nie wieder das Niveau von vor 1960 erreichen wird, gibt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Umsetzung und Einhaltung von Schutzmaßnahmen und -aktivitäten eine gewisse Hoffnung für das Überleben des Aralsees und trägt dazu bei, den Lebensunterhalt der Menschen in seinem Umfeld zu sichern.

Um die Herausforderungen der Bodendegradation und Wüstenbildung in der Aralsee-Region zu bewältigen, wurde die Global Disruptive Tech Challenge 2021 für die Wiederherstellung von Land von Dutzenden internationaler Organisationen ins Leben gerufen. Anfang April 2021 wurden in einer virtuellen Zeremonie, die von der Weltbank ausgerichtet wurde, vier Projekte mit dem Hauptpreis ausgezeichnet. Die Siegerprojekte konzentrieren sich auf die Bereiche Landwirtschaft und Landmanagement, nachhaltige Forstwirtschaft, sozioökonomische Entwicklung sowie Informations- und Wissensaustausch. Sie erhalten Patenschaften und Unterstützung für die Umsetzung ihrer Beiträge zur Wiederherstellung der Umwelt in der Aralsee-Region.

Ein umfangreiches Bewässerungsprojekt vor allem zum Baumwollanbau in der Wüste Kysylkum (Zentralasien) hat den Aralsee seit den 1960er Jahren zerstört. Vor dem Projekt flossen der Syr Darya und der Amu Darya von den Bergen herab, durchschnitten die Kyzylkum-Wüste in nordwestlicher Richtung und sammelten sich schließlich im untersten Teil des Beckens. Der See, den sie bildeten, der Aralsee, war einst der viertgrößte der Welt.

Die Bilder zeigen die fortschreitende Schrumpfung des südlichen Aralsees seit 2000 (1964), wie auch die leichte Erholung des nördlichen Teils in den vergangenen Jahren.

Mit dem Austrocknen des Aralsees brachen die Fischerei und die von ihr abhängigen Gemeinden zusammen. Das zunehmend salzige Wasser wurde durch Düngemittel und Pestizide verschmutzt. Der vom freigelegten Seeboden aufgewirbelte Staub, der mit landwirtschaftlichen Chemikalien kontaminiert war, wurde zu einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit.

Der salzige Staub wurde vom Seeboden weggeweht und setzte sich auf den Feldern ab, wodurch der Boden geschädigt wurde. Die Anbauflächen mussten mit immer größeren Mengen Flusswasser gespült werden. Durch den Verlust des mäßigenden Einflusses eines so großen Gewässers wurden die Winter kälter und die Sommer heißer und trockener.

Der schrumpfende Aralsee

Aralsee (22.8.1964) Aralsee 1964

Aralsee (19.8.2000) Aralsee 2000

Aralsee (15.8.2011) aralsea_tmo_2011227_front

Aralsee (19.8.2014)
aralsea_tmo_2014231

Aralsee (20.8.2018)
Aralsee 2018

Aralsee (28.-30.7.2023)
Aralsee 2020

Quellen: USGS

  • USGS
  • Earth Observatory (NASA 2018) - Hier auch die komplette, ggf. aktualisierte Zeitreihe
    und weitere Sequenzen zu anderen Themen mit Kommentar (e.) und
  • Earth Observatory (NASA 2021, Bild unten rechts)

Weitere Informationen: Khorezm Project und Desertification and land degradation in the Aral Sea Region (Copernicus 2021)

Im Allgemeinen wird bei der Change Detection Bezug genommen auf episodische und abrupte temporale Änderungen des Zustandes der Erdoberfläche. Diese können beispielsweise ausgelöst sein durch Naturkatastrophen oder massive menschliche Eingriffe in ländliche und städtische Räume, wie Kahlschläge, Brandrodung, Urbanisierung, Kriege etc.

Bei digitalen Satellitendaten werden solche Veränderungen bei der Bildüberlagerung sichtbar, wenn z.B. eine Bilddatenmatrix von der anderen abgezogen wird. Typischerweise werden pixelweise Vergleiche vorgenommen und eine Veränderung kann festgestellt werden, wenn genügend unterschiedliche Grauwerte bei korrespondierenden Pixeln vorliegen. Das Ergebnis erschließt sich aus der Bildanalyse.

Zu den Themen für Change Detection gehören: Desertifikation, Waldflächenveränderungen, biotische oder abiotische Waldkalamitäten, Siedlungsentwicklung, phänologisch-saisonale Themen, Eisgang-Vorhersage, Fragen der militärischen Verifizierung.

Wiederkehrende Veränderungen der Erdoberfläche wie zum Beispiel die phänologische Entwicklung von Pflanzenbeständen oder periodische Änderungen der Meeresoberflächentemperatur werden dagegen meist der fernerkundlichen Zeitreihenanalyse zugeordnet.

Übliche Fragen bei der Change Detection sind u. a.:

Change Detection als historische Dokumentation

Das folgende Bildpaar belegt die rücksichtslose Beseitigung einer Slum-Siedlung in Harare, Zimbabwe im Jahr 2005 durch den damaligen Dikatator Robert Mugabe (spiegel.de) Das linke Bild ist eine Aufnahme von DigitalGlobe QuickBird 61-cm vom 16. April 2005, das rechte ein QuickBird 61-cm Bild vom 4. Juni 2005.

Murambatsvina (Shona für "Müllentsorgung") war der informelle Name einer Aktion (mit der offiziellen Bezeichnung Operation Restore Order), die die Regierung von Simbabwe seit dem 25. Mai 2005 durchführen ließ. Illegal gebaute Häuser und Marktstände in Harare, Bulawayo und anderen Städten wurden mit Schubraupen und Radladern zerstört und niedergebrannt.

Oppositionspolitiker sahen die offiziellen Gründe (Vorgehen gegen illegalen Häuserbau und Handel, Verringerung der Verbreitung von Infektionskrankheiten) jedoch als fadenscheinig. Sie glauben, dass die ganze Aktion eher ihren Anhängern gewidmet war, die mehrheitlich in den Städten und deren Slums zu finden sind. Während dieser Aktion waren mehr als 3 Millionen Menschen direkt oder indirekt von den Auswirkungen der Zerstörung von zehntausenden von Häusern betroffen.

Die Zerstörung einer Slum-Siedlung in Harare, Zimbabwe (2005)
harare_1harare_2 Quelle: Jensen 2009

Weitere Informationen:


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