Lexikon der Fernerkundung

Sentinel-3

Dritte, aus zwei baugleichen Satelliten bestehende Mission in einer Serie von europäischen Umweltsatelliten des Programms Copernicus (vormals GMES), einer Initiative der Europäischen Kommission und der ESA mit dem Ziel, nachhaltig ein europäisches Netzwerk zur Erfassung und Auswertung von Umweltdaten zu erstellen. Die sonnensynchrone polare Umlaufbahn der Satelliten in 815 km Höhe besitzt eine Neigung von 98,6°, die Umlaufzeit beträgt 101 Minuten. Die beiden Satelliten umkreisen die Erde auf einer identischen Umlaufbahn um 180° versetzt.

Die 1150 kg schweren Satelliten messen kontinuierlich die Höhe des Meeresspiegels, die Temperatur der Land- und Meeresoberflächen sowie die unterschiedlichen Chlorophyll- und Schwebstoffgehalte der Meere. Die Messergebnisse dienen sowohl maritimen Vorhersagediensten, z.B. zu Wellenhöhen, als auch der Überwachung der Umwelt und der Gewinnung von Klimadaten. Außerdem können mit den Daten von Sentinel-3 die Meeresverschmutzung, Meeresströmungen und die Wasserqualität erfasst werden.

Über Land messen die Sentinel-3 die Höhe von Flüssen und Seen, liefern Angaben zum Vegetationsstand und erstellen Karten zur Landnutzung. Daran, wie die Vegetation das Licht reflektiert, kann man zum Beispiel zwischen einem gesunden und einem kranken Wald unterscheiden. Darüber hinaus können die Satelliten Waldbrände überwachen oder Lavaströme aufspüren und verfolgen. Eine weitere Aufgabe der Zwillingssatelliten ist etwa das Aufspüren so genannter Hitzeinseln - also lokal begrenzte Temperaturerhöhungen, die über Großstädten entstehen. Ihr Einfluss auf das regionale Klima, sowie der Einfluss des Klimawandels auf die Städte sind bislang noch weitgehend unerforscht.

Cloud-free Europe, Sentinel 3 Wolkenfreie Ansicht von Europa

Dieses Mosaik von wolkenfreien Bildern ist aus Szenen zusammengesetzt, die zwischen dem 1. März 2017 und dem 30. Juli 2017 vom Copernicus Sentinel-3A aufgenommen wurden.

Das Ocean and Land Colour Instrument (OLCI) an Bord von Sentinel-3A veranschaulicht sowohl das sommerliche Grün in vielen Teilen Europas, als auch die sommerliche Trockenheit in Nordafrika, im Nahen Osten, aber auch in Teilen Spaniens, Italiens und der Türkei.

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Quelle: ESA

Sentinel-3A und -3B haben jeweils folgende fünf Instrumente an Bord:

  1. Sea and Land Surface Temperature Radiometer (SLSTR)
    Das SLSTR erfasst die Oberflächentemperaturen der Land- und Meeresoberflächen in neun Spektralkanälen (550–12 000 nm) mit einer Genauigkeit bis zu 0,3 Grad Celsius. Die Auflösung beträgt im kurzwelligen Bereich 500 Meter, im thermischen Infrarotbereich einen Kilometer. Das Radiometer arbeitet mit zwei Blickrichtungen (dual-view scan) und beobachtet im Nadir einen Streifen von 1420 km, und in der rückwärtigen Sicht von 750 km Breite.
    Die Daten fließen in eine Vielzahl von Vorhersagemodellen ein. Der Temperatursensor erlaubt eine genaue Bestimmung der Temperatur der Land- und Meeresoberflächen – und zwar regelmäßig und global. Diese finden Verwendung in der Klima- und Wettermodellierung, tragen aber auch zu einer besseren Erfassung von Meeresströmungen bei. Darüber hinaus lassen sich mit diesen Daten Hochtemperaturereignisse wie Waldbrände oder Lavaströme aufspüren und verfolgen. Dazu sind zwei zusätzlich Kanäle optimiert.
  2. Ocean and Land Colour Instrument (OLCI)
    Das OLCI generiert Multispektralbilder mit einem breiten Anwendungsspektrum. Es erfasst in 21 Spektralkanälen (400–1020 nm) die Erdoberfläche mit einem sehr breiten Aufnahmestreifen von 1270 Kilometern bei einer räumlichen Auflösung von 300 Metern und einer globalen Abdeckung alle zwei Tage. In die Entwicklung des Gerätes sind die Erfahrungen mit dem MERIS-Instrument von ENVISAT eingeflossen. Die gewonnenen Farbinformationen finden Eingang in verschiedene Datenprodukte.
    Die genaue Erfassung der Oberflächenfarben des Meeres dient der Überwachung der Wasserqualität und der Aufdeckung von Umweltverschmutzungen. Außerdem tragen sie zum Verständnis des Einflusses der Ozeane auf den Kohlenstoffzyklus der Erde bei. Farbaufnahmen der Landoberflächen werden unter anderem zur Dokumentation der Landnutzung und des Vegetationszustandes sowie zur Kartierung von Waldbränden genutzt.
  3. Synthetic Aperture Radar Altimeter (SRAL)
    Der Radar-Höhenmesser (Radaraltimeter) arbeitet sowohl im Ku- als auch im C-Band und basiert auf dem Altimeter von CryoSat. Im Synthetic Aperture Radar-Modus (SAR) hat er eine Auflösung von 300 Metern. Durch die Nutzung zweier Frequenzbänder ist es möglich, ionosphärische und troposphärische Beeinflussungen des Radarstrahls zu eliminieren. Die Genauigkeit der Messungen ist über den Ozeanen abhängig von der Wellenhöhe und liegt beim SAR-Modus im Zentimeterbereich.
  4. Microwave Radiometer (MWR)
    Die Hauptaufgabe des mit 23.8 & 36.5 GHz arbeitenden MWR ist es, ein Korrektursignal für die Radarsignale des SRAL zu liefern, die durch Wasserdampf in der Troposphäre verfälscht werden. Es kann aber auch zur Aufnahme von Emissions- und Feuchtedaten der überflogenen Landflächen dienen oder Eisflächen charakterisieren.
  5. POD (Precise Orbit Determination)
    Das Instrumentenpaket besteht aus einem GPS-Empfänger, einem Laser-Retroreflektor und DORIS (Doppler Orbitography and Radiopositioning Integrated by Satellite), einem Gerät, das die Signale eines speziellen Sendernetzes auf der Erde auswertet. Die genaue Orbitbestimmung im Zentimeterbereich ist nötig, um die Höhenmesser-Daten (SRAL und MWR) richtig auswerten und verarbeiten zu können.

In der folgenden Infografik erfahren Sie mehr über die Copernicus Sentinel-3-Mission. Sie fasst die zahlreichen Anwendungsbereiche zusammen und hebt die verschiedenen Errungenschaften der Mission hervor.

Copernicus Sentinel-3 - Infographik Copernicus Sentinel-3 - Infographik Quelle: ESA

Der erste Sentinel-3-Satellit, Sentinel-3A, startete am 16.02.2016 mit dem Rockot Launcher vom russischen Kosmodrom Plessetsk aus. Zur Vervollständigung der Sentinel-3-Weltraumkomponente wurde am 25. April 2018 der baugleiche Sentinel-3B auf dieselbe Umlaufbahn geschickt. Sein Start erfolgte wieder mit dem Rockot Launcher von Plessetsk aus. Wohl zum letzten Mal kam dabei die russische Trägerrakete Rockot für die ESA zum Einsatz. Die geplante Missionsdauer von Sentinel-3 beträgt sieben Jahre. Die Satelliten-Ressourcen, im Wesentlichen der Treibstoff für die Triebwerke, ermöglichen jedoch eine Verlängerung der Mission um weitere fünf Jahre.

Das folgende Bild, aufgenommen vom Copernicus Sentinel-3A zeigt die Temperatur im Bereich des Hurrikans Matthew am 7.10.2016, 03:13 GMT, als er Florida erreichte. Das Radiometer zur Messung von Land- und Meerestemperaturen auf Sentinel-3A misst die Energie, die von der Erdoberfläche abgestrahlt wird, in neun Spektralbändern. Dies ist ein im thermalen Infrarot aufgenommenes Bild mit einer Auflösung von 1 km.

Eye of the Storm

Sentinel-3A: Das Auge des Sturms

Die Temperaturen reichen von - 80 °C an Wolkenoberseite direkt außerhalb des Auges (ca. 12 km über dem Meer) bis zu etwa 25 °C auf Meereshöhe im Golf von Mexiko, wo es außerhalb der Wirbelstruktur relativ ruhig ist. Dieser 400 km im Durchmesser erreichende Monstersturm befand sich etwa 200 km NW von Miami Beach als das Bild aufgenommen wurde. Nachdem er Hurrikan bereits verheerende Zerstörungen in der Karibik angerichtet hatte, rechnete man in Florida zu diesem Zeitpunkt noch mit den schlimmsten Auswirkungen seit mehr als 100 Jahren, was letzlich nicht eintraf.

Quelle: ESA

Die Mission beruht auf der engen Zusammenarbeit zwischen der ESA, der Europäischen Kommission, EUMETSAT, der französischen Raumfahrtagentur CNES, der Industrie, Diensteanbietern und Datennutzern. Die Satelliten wurden von einem Konsortium aus rund 100 Unternehmen unter der Federführung von Thales Alenia Space (Hauptauftragnehmer) aus Frankreich entworfen und gebaut. Airbus Defence and Space (vormals Astrium) wird  wichtige und bereits erprobte Satelliten-Instrumente liefern, z.B. das Mikrowellenradiometer. Anfang Februar 2016 wurde zwischen der ESA und Thales Alenia Space der Bau von zwei weiteren Satelliten der Baureihe vereinbart. Sentinel-3C and -3D stellen damit die Datenkontinuität für das Umweltmonitoring des europäischen Copernicus-Programms bis 2030 sicher.

Weitere Informationen:


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