Lexikon der Fernerkundung

Plessezk (Plesetsk)

Russischer Weltraumbahnhof, 800 Kilometer nördlich von Moskau und 180 Kilometer südlich der Gebietshauptstadt Archangelsk am Polarkreis gelegen. Die Startkomplexe befinden sich inmitten dichter Nadelwälder (Taiga).

Plessezk war lange Zeit eine der geheimsten Raketenbasen der Sowjetunion. Anfang 1957, zehn Monate vor dem Start des ersten Sputniks der Welt, beschlossen die Militärs, im hohen Norden eine operative Raketenbasis – Deckname „Angara“ – zu errichten. Sie wollten für ihre mit Atombomben bestückten Interkontinentalraketen eine möglichst kurze Flugtrasse über den Nordpol in Richtung Nordamerika haben. Plesetsk galt hierzu ein idealer Standort. Auch für die zivile Nutzung mit Starts zu niedrigen, sonnensynchronen Umlaufbahnen mit starker Inklination ist der Startplatz ideal. Die hohe geographische Breite macht Plessezk nur für bestimmte Arten von Umlaufbahnen geeignet, vor allem für Molniya-Orbits.

Kosmodrom am Polarkreis Plesetsk_view_400Quellen: ESA

Am 17. März 1966 wurde von Plesetsk der erste Satellit gestartet. Eine Wostok-Trägerrakete beförderte einen Zenit-2-Fotoaufklärungssatelliten unter dem Namen Kosmos 112 in eine subpolare Erdumlaufbahn. Die hohe Bahnneigung von 72 Grad fiel westlichen Beobachtern sofort ins Auge. Sie bestimmten den Startort im Gebiet Archangelsk am Polarkreis und nannten ihn nach der einzigen größeren Siedlung in diesem Gebiet – Plessezk. Erst 17 Jahre später, 1983, bestätigte die Sowjetunion offiziell die Existenz von Plessetsk.

In den Folgejahren wurde Plesetsk der meistgenutzte Raketenstartplatz der Sowjetunion. Innerhalb von 35 Jahren wurden mehr als 1500 Trägerraketen, 1900 Satelliten und 500 ballistische Militärraketen gestartet. Trotzdem erhielt Plesetsk erst 1994 durch Präsidentenerlass den offiziellen Status eines Kosmodroms. Im Gegensatz zu Baikonur untersteht Plessetsk bis heute dem Verteidigungsministerium. Ein Teil des Geländes wird bis heute zur Erprobung der modernsten russischen Atomraketen genutzt.

Das Kosmodrom ist einige Dutzend Kilometer von der Stadt Mirny entfernt. Seine Längsausdehnung in West-Ost-Richtung beträgt 82 Kilometer, in Nord-Süd-Richtung 46 Kilometer. Über eine Fläche von 1762 km² verteilen sich neun Startrampen, sieben Montagehallen, eine Sauerstoff-Stickstoff-Fabrik und zwei Betankungsstationen.

In den letzten Jahren ist die Zahl der Einsätze drastisch gesunken. Fehlende Gelder zwingen auch Plessetsk, sich ausländischen Investoren zu öffnen. Den Anfang machte das deutsch-russische Gemeinschaftsunternehmen Eurockot. Die ESA-Satelliten Sentinel-3A (2016), Sentinel-5P (2017) und Sentinel-3B (2018) wurden im Rahmen des Erdbeobachtungsprogramms GMES (heute Copernicus) mit Rockot-Trägerraketen von Plessezk aus gestartet.

Die deutlich ausgeprägte Spezialisierung russischer Kosmodrome ist unter der Präsidentschaft von Wladimir Putin 2007 beschlossen worden. Danach soll Plessezk als wichtigstes Kosmodrom zum Start militärischer Nutzlasten und zum Test neuer militärischer Systeme weiter auf- und ausgebaut werden.


Pfeil nach linksPléiades NeoLupeIndexPO.DAACPfeil nach rechts