Lexikon der Fernerkundung

polare Umlaufbahn

Engl. polar orbit, franz. orbite polaire; Umlaufbahn eines Satelliten, die über die Polarregionen hinweg führt (nicht notwendigerweise direkt über die Pole) und damit eine starke Neigung gegenüber der Äquatorebene besitzt. Derartige Satelliten befinden sich in Höhen zwischen 700 und 900 km (Angaben schwankend). Beispielsweise verläuft die Umlaufbahn im Falle der meisten polarumlaufenden Wettersatelliten in Höhen von ca. 850 km über der Erde. Die Umlaufdauer beträgt dann ca. 100 Minuten, und pro Tag können 14 Umläufe durchgeführt werden. Während des Fluges von Pol zu Pol dreht sich die Erde unter dem Satelliten hinweg, es werden stets nur Streifen der Erdoberfläche beobachtet. Diese Streifen haben, je nach verwendeter Optik, Breiten von 30 bis 2.600 km (Schwadbreite, engl. swath width). Für die globale Erdbeobachtung müssen die einzelnen Beobachtungsstreifen aneinandergefügt werden.

Scanzeilen polarumlaufender Satelliten
Das Beispiel der US-amerikanischen NOAA (POES)- und DMSP-Satelliten

Die Bodenspur (scan swath) ist etwa 3.000 km breit. Der Orbit verläuft in Richtung NW. Die Satelliten überqueren nicht genau die Pole, sondern schaffen eine Orbit-Präzession, so dass sie bei jedem weiteren Umlauf einen weiter westlich gelegenen Streifen überfliegen. Zur Verkürzung der Beobachtungsintervalle werden zwei zeitlich versetzt umlaufende Satelliten eingesetzt.

Die Umlaufdauer beträgt ca. 98-102 Minuten. Somit vollzieht jeder Satellit ca. 14 Umläufe pro Tag.

Hier sieht man eine schematische Darstellung aller Umlaufbahnen eines polumlaufenden Satelliten an einem Tag. Zu beachten ist, dass es sich um eine globale Abdeckung, und um eine sonnensynchrone Umlaufbahn handelt.

Die Orbithöhen sind mit ca. 850 km viel niedriger als jene von geostationären Satelliten.

Quelle: Lyndon State College

Die Umlaufbahn der Wettersatelliten ist zusätzlich sonnensynchron, dabei werden alle Teile der Erde unter der gleichen Sonnenbeleuchtung, d.h. zur gleichen Ortszeit überflogen. Die Bildstreifen sind damit untereinander direkt vergleichbar. Dieser Orbit wird durch eine leichte Neigung (Inklination) gegenüber einer genauen Pol-zu-Pol-Umlaufbahn erzielt. Alle Satelliten mit einer hohen räumlichen Auflösung gehören zu diesem Typ.

Der nordwärtige Teil eines polarumlaufenden Orbits wird ascending pass (aufsteigender Durchgang) genannt, der südgerichtete descending pass (absteigender Durchgang). Ist der Orbit gleichzeitig sonnensynchron, so befindet sich der ascending pass höchstwahrscheinlich auf der Schattenseite der Erde, während der descending pass auf der sonnenbeschienenen Seite verläuft. Aktive Sensoren, die ihre Beobachtungsgebiete selbst "beleuchten" oder passive Sensoren die emittierte (z.B. thermale) Strahlung aufzeichnen, können auch im ascending pass die Erdoberfläche abbilden.

nearpolar

Polnahe Umlaufbahn

Sie ist so bezeichnet wegen der Neigung des Orbits in Bezug auf eine Linie, die Nord- und Südpol verbindet. Viele der Satelliten mit dieser Umlaufbahn sind bewegen sich gleichzeitig sonnensynchron, d.h. sie überfliegen jedes Gebiet der Erde immer zu einer konstanten Zeit (local sun time).

Dies garantiert gleichbleibende Beleuchtungsbedingungen, wichtig bei der Beobachtung von Veränderungen oder dem Zusammensetzen von benachbarten Bildern (mosaicking).

Quelle: Natural Resources Canada

Im Gegensatz zum niedrigen Erdorbit mit kleiner Inklination überstreicht ein Satellit in LEO mit einer Inklination von ca. 90° die gesamte Erde innerhalb von ein paar Tagen. Polare Bahnen und der Molniya-Orbit sind die einzigen Bahnformen, auf denen Satelliten direkt auf die Pole herunterschauen können. Die polaren Umlaufbahnen werden für Wettersatelliten, für die Kartographie und für Spionagesatelliten verwendet.

Die Vorteile polarumlaufender Satelliten liegen in der - im Vergleich mit geostationären Satelliten - höheren geometrischen Auflösung, und sie können den gesamten Globus abbilden, wenn auch nicht zeitgleich. Damit erfassen sie eben auch die Polarregionen, und sie bieten die Möglichkeit, Instrumente zum Einsatz zu bringen, die nicht effizient im geostationären Orbit eingesetzt werden können (z.B. derzeit die Mikrowellensondierung mit AMSU, MHS). Die globale Abdeckung macht sie ideal für Missionen zur Erdbeobachtung.

Der wesentlichste Nachteil polarumlaufender Satelliten liegt in ihrer Unfähigkeit, kontinuierliche Daten von einer bestimmten Region zu liefern, da sich die Erde unter der Satellitenbahn ständig weiterdreht. Höhe und Umlaufzeit der Bahn bestimmen die Häufigkeit, mit der jeder Punkt auf der Erdoberfläche überflogen wird.

Auf- und absteigende Bewegungsrichtung bei polarumlaufendem Orbit

Auf- und absteigende Bewegungsrichtung bei polarumlaufendem Orbit

Die meisten der heutigen Erbeobachtungssatelliten bewegen sich auf polnahen Umlaufbahnen, was bedeutet, dass die Satelliten auf der einen Seite der Erde sich nordwärts bewegen und dann in Richtung Südpol auf der zweiten Hälfte des Orbits. Dies bezeichnet man als aufsteigende bzw. absteigende Bewegungsrichtung.

Wenn der Orbit gleichzeitig sonnensynchron ist, überstreicht die aufsteigende Bahnhälfte höchstwahrscheinlich die dunkle Seite des Globus, wohingegen die absteigende Bahnhälfte die sonnenbeschienene Seite überfliegt.

Quelle: Natural Resources Canada

Typische polarumlaufende Satelliten sind, bzw. waren:

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