Lexikon der Fernerkundung

Bildinterpretation

Engl. image interpretation, franz. interprétation des images; das Auffinden, Erkennen und Deuten der Inhalte eines Bildes. Sobald die Daten zu Bildern mit unterschiedlichen Bandenkombinationen verarbeitet sind, können diese Bilder bei Entscheidungen im Ressourcenmanagement und bei der Bewertung von Katastrophen helfen. Dies erfordert eine angemessene Interpretation der Bilder.

Dies umfasst die Gesamtheit des visuellen Interpretationsvorganges von Fernerkundungsdaten, vor allem von Luftbildern (Luftbildinterpretation) und Satellitenbildern. Jedoch ist auch die digitale Bildverarbeitung häufig mit visueller Interpretation von Teil- oder Endergebnissen gekoppelt.

Wesentlich bei der Interpretation ist die Kenntnis des jeweiligen Maßstabs. Es gibt verschiedene Maßstäbe, die auf der räumlichen Auflösung des Bildes basieren, und jeder Maßstab bietet unterschiedliche, wichtige Merkmale. Wenn Sie beispielsweise eine Überschwemmung verfolgen, zeigt eine detaillierte, hochauflösende Ansicht, welche Häuser und Unternehmen von Wasser umgeben sind. Die breitere Landschaftsansicht zeigt, welche Teile eines Landkreises oder einer Großstadt überflutet sind und vielleicht auch die Quelle des Wassers. Eine noch umfassendere Ansicht zeigt die gesamte Region - das überflutete Flusssystem oder die Gebirgszüge und Täler, die den Fluss kontrollieren. Eine hemisphärische Ansicht würde die Bewegung von Wettersystemen zeigen, die mit den Überschwemmungen verbunden sind.

Die Bildinterpretation setzt sich aus dem Erkennen und Identifizieren von Objekten anhand von Bildmerkmalen sowie dem Interpretieren zusammen. Die wesentlichen Merkmale des Bildes, die zur Objekterkennung und -beschreibung herangezogen werden, sind geometrisch und stofflich bestimmt.

Zu nennen sind vor allem Größe/Höhe (shape), Form/Umriss (shape), Lage im Gelände (site), Grau-/Farbton (tone, colour), Muster (pattern) und Textur (texture) sowie Schattenwurf (shadow) und die Stereoskopie. Zu berücksichtigen sind der konkrete Aufnahmezeitpunkt und die spezifischen Bildeigenschaften.

Viele Merkmale lassen sich leicht anhand ihrer Muster oder Formen erkennen. So haben beispielsweise landwirtschaftliche Flächen in der Regel eine geometrische Form, in der Regel Kreise oder Rechtecke. Gerade Linien sind typischerweise vom Menschen geschaffene Strukturen, wie Straßen oder Kanäle.

Wenn Sie Farben zur Unterscheidung von Merkmalen verwenden, ist es wichtig, die bei der Erstellung des Bildes verwendete Bandkombination zu kennen. Bilder mit echten oder natürlichen Farben werden mit Bandenkombinationen erstellt, die das wiedergeben, was wir mit unseren eigenen Augen sehen würden, wenn wir aus dem Weltraum auf sie herabschauen. Wasser absorbiert Licht, so dass es auf Echtfarbenbildern in der Regel schwarz oder blau erscheint; Sonnenlicht, das von der Wasseroberfläche reflektiert wird, kann es grau oder silbern erscheinen lassen. Sedimente können das Wasser eher braun erscheinen lassen, während Algen das Wasser eher grün erscheinen lassen können. Die Farbe der Vegetation hängt von der Jahreszeit ab: Im Frühling und Sommer ist sie in der Regel leuchtend grün, im Herbst kann sie orange, gelb und hellbraun sein, und im Winter eher braun. Der nackte Boden ist in der Regel braun, obwohl dies von der mineralischen Zusammensetzung des Sediments abhängt. Städtische Gebiete sind in der Regel grau, da dort viel Beton verwendet wird. Eis und Schnee sind in Echtfarbenbildern weiß, aber auch Wolken. Bei der Verwendung von Farben zur Identifizierung von Objekten oder Merkmalen ist es wichtig, auch die umgebenden Merkmale zu berücksichtigen, um die Dinge in einen Kontext zu stellen.

Das eigentliche Interpretieren geht inhaltlich weit über das Erkennen von Objekten hinaus. Einbezogen werden andere verfügbare Informationen (Referenzdaten: topographische und thematische Karten, Statistiken, Bohrprofile, Geländedaten) und vor allem das Fachwissen des Interpreten. In dieser Phase der Bildinterpretation werden zusätzliche und weiterführende, schließende, semantische Aussagen aus den Bildmerkmalen abgeleitet, die nicht direkt abgebildet sind.

Der Gesamtprozess der Luftbildinterpretation setzt sich also aus den Teilschritten Sehen, Wahrnehmen, Erkennen und Verifizieren zusammen. Die Interpretation ist ein iterativer Prozess mit einer zunehmenden Merkmals-/Objektklassenverdichtung. Anhand der Bildmerkmale wird für die zu interpretierenden Objekte ein Interpretationsschlüssel erstellt und eine erste Ausweisung der Objektklassen und ihrer Grenzen vorgenommen. Die Auswertung erfolgt häufig unter Verwendung von Interpretationsgeräten, wie z.B. dem Spiegelstereoskop, zur besseren Erkennung räumlicher Zusammenhänge. In der Regel schließt sich eine Feldkontrolle an, bei der sowohl die bisherigen Ergebnisse geprüft, Unsicherheiten berichtigt als auch der Interpretationschlüssel modifiziert wird.

Quantitative Analyse

Die Ergebnisdarstellung erfolgt in der Regel in Form von thematischen und topographischen Karten oder von Kartenserien zur Darstellung von Veränderungen (Monitoring). Weitere Möglichkeiten bieten Flächenstatistiken oder andere statistische Auswertungen oder Profildarstellungen. Ein Beispiel dieser Art sind statistische Auswertungen von Photolineationen, also von linearen Elementen im Landschaftsbild, die auf geologische Strukturen schließen lassen. Um die horizontale Verteilung der Zahl oder auch der Länge der linearen Elemente zu analysieren, kann man sie in Kluftrosen oder Richtungshistogrammen darstellen.

Bei anderen Aufgaben können die Auswerteergebnisse zweckmäßigerweise in Form von Profilen wiedergegeben werden, beispielsweise zur Darstellung des Verlaufs der Oberflächentemperaturen eines Flusses ober- und unterhalb eines Zuleiters aus einem Wärmekraftwerk.

Mit Hilfe von Bildklassifizierungsalgorithmen lassen sich z. B. verschiedene Bodenbedeckungsarten leichter unterscheiden. Bei der Bildklassifizierung werden die spektralen Informationen der einzelnen Bildpixel verwendet. Ein Programm, das Bildklassifizierungsalgorithmen verwendet, kann die Pixel automatisch gruppieren, was als unüberwachte Klassifizierung bezeichnet wird. Der Benutzer kann auch Bereiche mit bekannter Bodenbedeckung angeben, um das Programm darauf zu trainieren, ähnliche Pixel zu gruppieren; dies wird als überwachte Klassifizierung bezeichnet. Karten oder Bilder können auch in ein geographisches Informationssystem (GIS) integriert werden, und dann kann jedes Pixel mit anderen GIS-Daten, wie etwa Volkszählungsdaten, verglichen werden. Weitere Informationen über die Integration geowissenschaftlicher Daten der NASA in ein GIS finden Sie auf der Seite Earthdata GIS.

Satelliten sind häufig mit einer Reihe von Sensoren ausgestattet, die biogeophysikalische Parameter wie die Temperatur der Meeresoberfläche, Stickstoffdioxid oder andere atmosphärische Schadstoffe, Winde, Aerosole und Biomasse messen. Diese Parameter können durch statistische und spektrale Analyseverfahren ausgewertet werden.

Data Pathfinders

Um den Einstieg in die anwendungsbezogene Forschung mit Fernerkundungsdaten zu erleichtern, bieten beispielsweise die Data Pathfinders der NASA eine Anleitung zur Auswahl von Datenprodukten, die sich auf bestimmte wissenschaftliche Disziplinen und Anwendungsbereiche, wie die oben genannten, konzentrieren. Die Pathfinder bieten direkte Links zu den am häufigsten verwendeten Datensätzen und Datenprodukten aus den geowissenschaftlichen Datensammlungen der NASA sowie Links zu Tools, die Möglichkeiten zur Visualisierung oder Unterteilung der Daten bieten, mit der Option, die Daten in verschiedenen Dateiformaten zu speichern.

Die Rolle des Menschen bei der Datensammlung und -analyse

Es ist wichtig, die Motivation hinter der Technologieentwicklung zu verstehen und zu erkennen, wie die Technologie zum breiteren gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Rahmen von Geoinformationssystemen, Wissenschaft und Aufklärung beiträgt, unabhängig davon, ob es sich um militärische, wirtschaftliche, soziale oder umweltbezogene Anwendungen handelt.

In einem bahnbrechenden Lehrbuch der Fernerkundung ('Remote Sensing of the Environment: An Earth Resource Perspective'), beschreibt John Jensen Faktoren, die einen hervorragenden Bildanalysten auszeichnen. Er sagt: "Es ist eine Tatsache, dass einige Bildanalysten anderen Bildanalysten überlegen sind, weil sie: 1) die wissenschaftlichen Prinzipien besser verstehen, 2) weiter gereist sind und viele Landschaftsobjekte und geographische Gebiete gesehen haben, und/oder 3) wissenschaftliche Prinzipien und reales Wissen synthetisieren können, um zu logischen und korrekten Schlussfolgerungen zu gelangen.

Der Mensch wählt das am besten geeignete Fernerkundungssystem aus, um die Daten zu erfassen, legt die verschiedenen Auflösungen der Fernerkundungsdaten fest, kalibriert den Sensor, wählt die Plattform aus, die den Sensor trägt, bestimmt, wann die Daten erfasst werden, und legt fest, wie die Daten verarbeitet werden." (Jensen, 2007)

Weitere Informationen:


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