Lexikon der Fernerkundung

Wolkenradar

System zur Bestimmung von Wolkenparametern wie Unter- und Obergrenze, Tropfengrößenverteilung, Flüssig- und Eiswassergehalt mittels Radarstrahlung. Ein Wolkenradar sendet gebündelt elektromagnetische Wellen, die an Objekten in der Atmosphäre gestreut werden. Ein kleiner Teil der sich in alle Richtungen ausbreitenden Streusignale kehrt zum Radar zurück und wird dort empfangen. Aus der Laufzeit des Echos und der Richtung des Radarstrahls kann der Ort des streuenden Objekts ermittelt werden.

Das Wolkenradar ist ein gepulstes, kohärentes und in zwei Polarisationsebenen arbeitendes 35.5 GHz-Radarsystem zur Messung von Vertikalprofilen der Reflektivität, der Dopplergeschwindigkeit und der Geschwindigkeitsvarianz im Höhenbereich von 150 m bis 15 km.

Zur Beobachtung von Wolken mit Radar werden Wellenlängen im Millimeterbereich verwendet. Für längere Wellen, z.B. im Zentimeterbereich, sind Wolken praktisch transparent und damit unsichtbar. Kürzere Wellen (z.B. im optischen Bereich) werden dagegen von Wolken stark gedämpft, so dass keine Information aus dem Inneren einer Wolke erhalten werden. Im Millimeterbereich können Wolken noch durchdrungen werden, aber ein messbarer Anteil der Sendeleistung wird zum Radar zurückgestreut.

Das Wolkenradar kann so mehrere übereinander liegende Wolkenschichten erfassen. Ein herkömmliches Wetter-(Niederschlags-)Radar, das im Zentimeterbereich arbeitet, kann dagegen nur Niederschlagsteilchen (> 0,1 mm Durchmesser), nicht jedoch Wolkentröpfchen detektieren.

Die hohe räumliche und zeitliche Auflösung von Radardaten erlaubt es auch, die räumliche und zeitliche Dynamik atmosphärischer Systeme zu beobachten und zu analysieren. Moderne Radarsysteme besitzen die Fähigkeit, auch das atmosphärische Windfeld durch die Dopplerverschiebung des Radarsignals zu erfassen. Neben der Messung der Radialkomponente des Windes, genauer der Verlagerungsgeschwindigkeit von atmosphärschen Streuelementen, kann man unter bestimmten Annahmen auch das dreidimensionale Horizontalwindfeld ableiten (volume velocity processing, VVP).

Die angesprochenen atmosphärischen Systeme sind in der Regel mit Wolken und Niederschlag verbunden. Einzelne Phänomene (Böenfronten, Tornado) äußern sich auch in spezifischen Reflektivitäts- und Windmustern, ohne dass damit eine starke Wolkenbildung einhergeht.

Wolkenradare sind inzwischen wichtiger Bestandteil von Ankerstationen, da nur hiermit Mehrschichtwolken zuverlässig erfasst werden können. Zunehmend werden nicht nur vertikal blickende sondern auch steuerbare Antennen zur Volumenrepräsentation von Wolken verwendet. Für Forschungszwecke werden Wolkenradare auch an Bord spezieller Messflugzeuge eingesetzt. Schließlich wird zur globalen Erfassung von Wolken bereits seit einigen Jahren ein Radar auf dem NASA-Satelliten (CloudSat) betrieben und weitere internationale Satellitenmissionen mit Wolkenradaren sind in der Planung (z.B. EarthCare).

Wolkenradare spielen eine große Rolle bei der Erforschung des Einflusses von Wolken auf das Klima. Dieser Einfluss drückt sich aus zum einen in der Rolle, die Wolken im Strahlungstransfer durch die Erdatmosphäre spielen und zum anderen, da sie eine wichtige Verbindung im Wasserkreislauf der Erde sind.

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