Lexikon der Fernerkundung

Essentielle Klimavariable (ECV)

Engl. Essential Climate Variable (ECV); eine physikalische, chemische oder biologische Variable oder eine Gruppe von miteinander verbundenen Variablen, die entscheidend zur Charakterisierung des irdischen Klimas beitragen. ECV-Datensätze liefern die empirischen Belege, die benötigt werden, um die Entwicklung des Klimas zu verstehen, um Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels und zur Anpassung zu leiten, um Risiken abzuschätzen, um Klimaereignisse ihren Ursachen zuzuordnen und Klimadienste zu stützen. Die aktuelle ECV-Liste wurde im Rahmen des Global Climate Observing System (GCOS) zusammengestellt.

Wissenschaft und politische Kreise haben das ECV-Konzept weitgehend befürwortet. Klimamodellierer verwenden ECVs, um die treibenden Kräfte, Wechselwirkungen und Rückkopplungen aufgrund des Klimawandels sowie Televerbindungen, Umkipppunkte und Flüsse von Energie, Wasser und Kohlenstoff zu untersuchen und zukünftige Veränderungen vorherzusagen.

Die Liste der ECVs ist nicht statisch. Im Zuge des Fortschrittes bei Klimaforschung und Messtechnik können weitere Klimavariablen in die Liste der ECVs (54 ECV, Dezember 2021) aufgenommen werden. Auch neue Nutzeranforderungen, z. B. im Zuge der Planung von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, können zur Modifizierung der Liste der ECVs führen.

Essentielle Klimavariablen für Deutschland

In Deutschland ist die systematische Überwachung klimarelevanter Parameter auf eine Vielzahl von Bundes- und Landesbehörden sowie Forschungsinstitutionen verteilt. Die systematische Beobachtung von meteorologischen Variablen liegt in Deutschland in der Verantwortung des DWD. Zwar betreibt der DWD auch die Beobachtung einiger Variablen aus dem Bereich der Atmosphärischen Zusammensetzung sowie Aerosoleigenschaften, jedoch liegen die meisten Beobachtungen dieser Variablen im Verantwortungsbereich des UBA und der Bundesländer. Die Beobachtung ozeanischer ECVs liegt v.a. in der Verantwortung des BSH und verschiedener Forschungseinrichtungen, wie u.a. des AWI, des GEOMAR und des ZMAW.

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick darüber welche Institution für die Beobachtung der einzelnen ECVs verantwortlich ist.

Essentielle Klimavariablen für Deutschland
EssentielleKlimavariablen für Deutschland Quelle: DWD

Satellitenbeobachtungen sind für viele ECVs wichtig und leisten einen Beitrag zu ECV-Produkten in allen ECV-Bereichen. Sie sind einzigartig, da sie eine globale Abdeckung und Zeitreihen konsistenter Beobachtung bieten. Die Klimawandel-Initiative (CCI) der ESA nutzt das vollständige Satellitenarchiv, um die wissenschaftliche Grundlage zu entwickeln und Datensätze der 21 ECVs zu erstellen, die die ganze Welt abdecken und mehr als dreißig Jahre zurückreichen.

Die Coordination Group of Meteorological Satellites (CGMS) und das Committee on Earth Observation Satellites (CEOS) beauftragten ihre gemeinsame Arbeitsgruppe für Klima (WGClimate) die Aktivitäten der internationalen Raumfahrtagenturen zu koordinieren, die die Klimawissenschaft und -Dienste unterstützen. Die Arbeitsgruppe bewertet Status und Entwicklung des Weltraumsegments und die Planung von Klimadatensätzen für ECVs entsprechend der weltraumbasierten Klimaüberwachungsarchitektur.

ESA Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerführen regelmäßig eine Bewertung der Genauigkeit von Satellitendatenprodukten durch. Dabei werden abgeleiteten ECVs werden mit unabhängigen Feldmessungen und Modellsimulationen verglichen. Diese Vergleiche dienen zwei Zwecken: (i) die Datenwerte anzupassen, um systematische Abweichungen, falls vorhanden und ursächlich verstanden, zu beseitigen, und (ii) die Qualität der abgeleiteten ECVs abzuschätzen (dies wird als Validierung bezeichnet), was sowohl von der Klimawissenschaft als auch von den Modellierungsexperten gefordert wird.

Die Validierung befasst sich mit der Frage, wie gut ein bestimmter Datensatz ist. Dies beinhaltet den Vergleich von Werten auf Pixelebene mit zuverlässigen in-situ Feldmessungen aus der ganzen Welt. Heute gibt fortgeschrittene statistische Methoden zur Schätzung der Genauigkeit und zum Umgang mit Skalierungsfehlern. Als Datenproduzent unternimmt die ESA große Anstrengungen, um zur Standardisierung des Validierungsprozesses beizutragen, und arbeitet dabei eng mit GCOS und dem Ausschuss für Erdbeobachtungssatelliten (Commitee on Earth Observation Satellites, CEOS) zusammen, um Standard-Protokolle („best practice“) zu erstellen.

Kalibrierung ist der Prozess der Charakterisierung der Reaktion eines Sensors auf bekannte und kontrollierte Signaleingänge. Bei passiven Techniken zur satellitengestützten Erdbeobachtung wird die Kalibrierung auf der Satellitenplattform selbst durchgeführt. Beispielsweise trifft im Fall der Messung der Oberflächentemperatur trifft die von der Erdoberfläche ausgehende und durch die Atmosphäre modifizierte Infrarotstrahlung auf einen Sensor, wird durch die Sensoroptik gefiltert und als Spannungssignal erfasst, das in Zählwerte („numerical counts“) umgewandelt wird. Die Zählwerte werden an Referenzzielen mit bekannter Temperatur kalibriert, so genannten Schwarzen Körpern, die Strahlung mit einem bestimmten Spektrum und mit einer entsprechenden temperaturabhängigen Spitzenwellenlänge aussenden. Daher ermöglicht die Kalibrierung, dass die Zählwerte in eine Helligkeits-Temperaturmessung umgewandelt werden können.

Kalibrierung und Validierung sind wichtige Bestandteile der Erstellung von qualitativ hochwertigen, zuverlässigen Datensätzen.

Alle ECV-Datensätze der CCI sind vollständig validiert und weisen ein hohes Maß an Rückverfolgbarkeit und Konsistenz auf, einschließlich quantitativer Schätzungen der Unsicherheit, die sowohl von der Klimawissenschaft als auch von den Modellierer gefordert werden.

Weitere Informationen:


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